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Was mein Leben reicher macht

Immer wenn ich mit Laubharken beschäftigt bin, besucht mich ein Rotkehlchen. Aufgeregt wippend, beäugt es mich von allen Seiten. Ich frage mich immer wieder, was es wohl veranlasst, mich zu beobachten. Manchmal wirkt es, als ob »sie« mich kontrolliert. Wahrscheinlich ist es doch nur der profane Wunsch, einen geeigneten Happen unter einem der Laubblätter erwischen zu können. Trotzdem freue ich mich auf ein Wiedersehen mit meiner rot befleckten Freundin im nächsten Jahr.

Peter Voß, Idstedt, Schleswig-Holstein

 

Was mein Leben reicher macht

Es war so kalt, dass man seinen Atem in der Luft sah. Ich war gerade auf dem Weg zur Universität – da sah ich ein kleines Mädchen, das in seiner Winterjacke und der Mütze, die nur ein kleines rundes Gesicht mit blauen Augen freigab, wirkte wie ein Zwerg. Es rannte auf seinen kurzen Beinchen auf einen Mann zu, der auf dem Boden kniete und den Vorbeigehenden einen alten Pappbecher entgegenhielt. Darein fiel mit einem leisen Klirren eine Münze aus dem Händchen des Kindes. Schnell lief es wieder davon und ließ den Mann mit seinem Becher lächelnd zurück.

Celestina Trost, Bonn

 

Was mein Leben reicher macht

Meine Frau kaufte in Stuttgart Noten und dann noch Bücher bei der Buchhandlung Niedlich. Herr Niedlich fragte, ob sie eine Tüte brauche. Meine Frau verneinte und hielt ihm die Tasche mit den Noten hin. Er schaute hinein, schüttelte den Kopf und sagte: »Geht nicht – zu laut!«

Johannes Kiuntke, Metzingen

 

Was mein Leben reicher macht

Über vierzig Jahre war ich Buchhändlerin, seit vier Jahren bin ich im Ruhestand. Im Weihnachtsgeschäft durfte ich jetzt stundenweise in einer kleinen, wohlsortierten Buchhandlung mitwirken: Kunden, Kolleginnen, die wunderbare Welt der Bücher… Ich weiß, warum ich diesen Beruf so geliebt habe!

Dorothee Heinrich, Stuttgart

 

Was mein Leben reicher macht

Nach einer halben Stunde Warten bei der Post endlich das letzte Paket verschickt, dann Metzger und Bäcker im Eiltempo. Im Vorbeifliegen frage ich den netten Bekannten nach dem Namen seines neuen Mischlingshundes. Als Antwort bekomme ich: »TomTom«. Innerlich lachend gehe ich weiter. Na, hoffentlich zeigt der lebendige TomTom unseren Bekannten auch immer den richtigen Weg.

Annika Postler, Esslingen am Neckar

 

Was mein Leben reicher macht

Früher bekam man um diese Jahreszeit von Händlern und anderen Werbetreibenden ungefragt Kalender in den Beutel gesteckt, so viele, dass man manchmal sogar welche entsorgen musste. Das war einmal. Neulich fragte ich bei unserem Apotheker nach dem üblichen Wandkalender. Der reagierte mit beginnender Verweigerung. Ich setzte zum Überredungsversuch an: »Aber Sie müssen mich doch kennen, ich habe doch schon öfter bei Ihnen eingekauft…« Daraufhin wollte er es genau wissen: »Dann tun Sie mal Ihre Mütze runter!«

Margarete Gröll, Regensburg

 

Was mein Leben reicher macht

In dieser Rubrik immer mal wieder einen überraschenden, interessanten, oft anrührenden und klugen Beitrag eines guten Freundes aus demselben Ort zu lesen.

Thomas Werner, Tarmstedt, Niedersachsen

 

Was mein Leben reicher macht

Heiligabend. Nach dem Abendessen laufen die Vorbereitungen für die Bescherung an. Ich ziehe mich mit meinen beiden Nichten zurück; wir sind die jüngsten der Familie. Früher habe ich ihnen beim Warten vorgelesen. Heutzutage spielen wir uns gegenseitig unsere Lieblingslieder vor. Dann ertönt das Glöckchen: Das Christkind war da. Wir rennen ins Wohnzimmer. Dieses Ritual wird seit nahezu dreißig Jahren unverändert wiederholt. Mittlerweile sind meine Nichten 28 und 30 Jahre alt. Wie lange es wohl so weitergeht? Für dieses Jahr jedenfalls steht das Glöckchen schon bereit.

Sonia Maron, Löwenstein, Württemberg

 

Was mein Leben reicher macht

Mitten in unserem Dorf ist Weihnachtsmarkt. Ich jogge stattdessen in Richtung Moor. Doch plötzlich klare Klänge: Der scharfe Ostwind sendet Tochter Zion und Freue dich, Welt und schickt mir über fast zwei Kilometer Luftbrücke den Weihnachtsmarkt hinterher. Gratis!

Wolf Warncke, Tarmstedt, Niedersachsen