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Lesekränzchen: Mein Wort-Schatz

Ich erinnere mich, dass meine Mutter in meiner Jugend regelmäßig zum Lesekränzchen ging, wo sich eine Reihe bildungsbeflissener Damen mit der Lektüre von beispielsweise Wilhelm Raabe und Adalbert Stifter befasste. Gänzlich unmöglich wäre mir die Vorstellung, dass sie einen zeitgenössischen Schriftsteller gelesen hätten; das hätte zu diesem wunderschön altmodischen Wort einfach nicht gepasst!

Irene Steels-Wilsing, Brüssel, Belgien

 

Was mein Leben reicher macht

Im ICE nach Stuttgart biete ich der Frau neben mir an, zum Aufblättern der ZEIT auch meinen Sitzbereich zu nutzen. Daraus entspinnt sich ein Gespräch über Geologie und das Amt für Neckarausbau, das zwar die weitere Lektüre der ZEIT verhindert, die Fahrt aber im Fluge vergehen lässt.

Bernd Lange, Mainz

 

Was mein Leben reicher macht

Letzte Nacht wurde meine Tochter wach, und meine Freundin wollte sich zu ihr ins Bett legen. Charlotte machte große Augen und sagt: »Aber Mama, der arme Papa ist ganz alleine!«

Kurz danach lagen wir alle gemeinsam in unserem Bett.

Martijn Damen, Fürth

 

Was mein Leben reicher macht

Mein Mitbewohner, der Medizin studiert und den sonnigen Freitagnachmittag damit verbringt, mir das menschliche Immunsystem zu erklären, und dafür mit Fensterstift kleine Fresszellen an meine Balkontür malt.

Jule Eckelmann, Dresden

 

Was mein Leben reicher macht

38 Jahre glückliche Beziehung. Eine ältere Dame aus der Nachbarschaft erkundigt sich gerne nach meinem »Lebenspartner«. Neulich rief sie mir hinterher: »Grüßen Sie bitte Ihren Mann von mir!«

Thomas Klinghammer, Stuttgart

 

Was mein Leben reicher macht

Ich schneide die Hecke. Ein Mädchen, vielleicht fünf Jahre alt, kommt vorbei, eine abgebrochene Rhododendronblüte in der Hand: »Ich habe meinen Vater noch nie gesehen. Aber morgen kommt er. Dann schenke ich ihm diese Blume.«

Manfred Rieken, Zeven, Niedersachsen

 

Was mein Leben reicher macht

Letzten Donnerstag Zug gefahren, keine Karten gekauft. Der Schaffner kam auf uns zu, wir schnell in der Toilette verschwunden. Der Schaffner wartete (leider!) auf uns, erklärte uns geduldig den Ticketkauf und verschonte uns gnädigst.

Sophie Beckenbauer und Kristina Meißner, Cadolzburg, Mittelfranken

 

Was mein Leben reicher macht

Wenn mir mein Mann nach dem gemeinsamen Mittagsschläfchen eine Tasse Kaffee und ein süßes Plätzchen ans Bett bringt – während ich mich noch schlafend stelle.

Reinhilde Rieger, Bad Orb, Hessen