Ich befinde mich im gleitenden Übergang zur Rente. Urlaub in Frankreich. Luberon und Blick auf den Mont Ventoux in der Abendsonne. Ich lese Bücher des Nobelpreisträgers Modiano. Immer wieder das Thema »verlorene Jugend«. Habe ich meine Jugend verloren? Nein, ich habe die Ruhe, die Unabhängigkeit und die Entspanntheit des Alters gewonnen!
Das Glück, diesen Menschenfreund mit dem strahlendsten Lachen der Welt seit 21 Jahren meinen Vater nennen zu dürfen. Und zu wissen, dass er nach all meinen Kollisionen mit irgendwelchen Leitplanken zwar bestimmt den Schlaf der ein oder anderen Nacht, nie aber das Vertrauen in mich verloren hat.
Frühmorgens schon gemütlich mit dem Rad fahren, im Schlendertempo sozusagen. Und dabei »I want to ride my bicycle, I want to ride my bike« zu singen, nicht schön, aber mit Inbrunst. Wie schätze ich mein Nullemissionsfahrzeug!
Vor Kurzem ist unsere Familienkatze gestorben. Ihre Anwesenheit fehlt uns allen sehr. Wehmütig erinnerte ich mich etwa nach dem Einkauf daran, wie gerne sie frische Champignons naschte und dabei sogar die Plastikverpackung aufknabberte, wenn frau diese unbeaufsichtigt auf der Arbeitsplatte stehen ließ. Ich teilte diese Erinnerung mit meinem Mann, um wenig später, als ich mich ans Kochen machte, eine aufgerissene Packung mit angeknabberten Champignons vorzufinden. Da musste ich trotz aller Trauer lachen.
Dass ich nach über zehn Jahren Aufenthalt in diesem Lande endlich einen Weg gefunden habe, Deutschen ihr bisweilen unfreundliches Gesicht auszutreiben. (Ein Segen für das chinesische Gemüt!) Man stelle sich einfach hin, ziehe ebenfalls ein Gesicht und beginne zu sprechen: Mein. Kleiner. Grüner. Kaktus. …
Zu erleben, wie sich meine Eltern nach 54 Jahren Ehe zugeneigt sind. Wenn Papa (85 Jahre) über Mama (80 Jahre) sagt: »Deine Mutter ist ein schickes Mädchen!«, dann macht das Mut, miteinander alt und tüdelig zu werden.