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Die Kritzelei der Woche

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Seit einigen Jahren arbeite ich ehrenamtlich als Telefonseelsorgerin bei der »Nummer gegen Kummer«, dem Kinder- und Jugendtelefon hier in Deutschland. Während mir die Anruferinnen und Anrufer ihre Sorgen erzählen, halte ich immer einen Kugelschreiber bereit, um bei langen und schwierigen Gesprächen kleine Kritzeleien anzufertigen. Vielleicht, um Gehörtes durch Symbole zu zeichnen?

Martina L. A. Haunert, Niedernhausen, Taunus

 

Was mein Leben reicher macht

Meine vier Monate alte Enkelin Flora erfolgreich in den Mittagsschlaf zu singen (zu brummen) und dabei zu beobachten, wie sich ihre Äuglein langsam schließen.

Richard Moosbrucker, Wehingen, baden-Württemberg

 

Umfrieden: Mein Wort-Schatz

Das wunderbare Wort umfrieden, das ich unlängst in einer Kolumne in der ZEIT wiederentdeckt habe, gehört nun zu meinem Wort-Schatz. Beschreibt es doch auf eine so freundliche Art und Weise, was damit gemeint sei, einen Garten oder ein Stück Land zu umzäunen. Ich finde, es schwingt unweigerlich etwas Friedvolles in diesem Wort mit, das alle Erfahrungen mit Grenzen, Trennendem und unüberwindbaren Hindernissen vergessen lässt.

Annette Roesler, Bremen

 

Was mein Leben reicher macht

Meine vier Monate alte Enkelin Flora erfolgreich in den Mittagsschlaf zu singen (zu brummen) und dabei zu beobachten, wie sich ihre Äuglein langsam schließen.

Richard Moosbrucker, Wehingen, Baden-Württemberg

 

Frust

s88-wiedergefundenBei einem Winterspaziergang auf einem Naturlehrpfad besuchten wir auch einen Beobachtungsturm – und fanden im Besucherbuch diesen Eintrag. Offenbar haben Kinder da ihrem Frust Luft gemacht.

Paul Matthias Bantz, Rotenburg an der Wümme

 

Was mein Leben reicher macht

»Sind Sie eigentlich adelig?«, fragt eine alte Dame, die ich im Rahmen meiner Tätigkeit als Sozialarbeiterin besuche. Ich verneine. Da streicht sie über meine Hand und sagt: »Seien Sie nicht traurig, ein gutes Herz adelt viel mehr.«

Anne von der Assen-Eisenblätter, Tecklenburg, Nordrhein-Westfalen

 

Was mein Leben reicher macht

Das Telefon klingelt, das Display zeigt die Nummer meiner Mutter. Als ich den Hörer abnehme, höre ich nur Schluchzen. Ganz erschrocken frage ich, was denn Schlimmes geschehen sei. Da erzählt meine Mutter weinend von ihrer Führerscheinprüfung. Sie hat sie bestanden, mit 59 Jahren! Ganz geheim hat sie nachgeholt, wovor sie immer solche Angst hatte. Ich bin so stolz auf sie!

Johanna Christians, Bad Segeberg

 

Komm aus dem Quark!

(nach Stefan George, »Komm in den totgesagten park«)

Komm aus dem schwer verzagten quark und trau
Dem simmern köstlich duftender roulade.
Den feinen säften die ich für dich brau
essenz geseihter blaubeermarmelade.

Erklimm den hohen berg. Den ich dir bau
aus erdäpfelpüree. »Du spinnst!« – »Genau!«
Und zwar auf sauerkraut im schmalz der gans.
Ein diadem wie kuss im lichterglanz.

Vergiss danach das schnäpschen nicht.
Nur pur genieß dein wanken in die reben.
Dann neben eben dir mir leben geben
»Verschwinde nie!« – »Du spinnst!« – »Ich liebe dich.«

Florian Streier, Essen

 

Was mein Leben reicher macht

Nach dem Schneeschippen komme ich ziemlich erledigt zurück ins Haus. Und immer noch schneit es. Ein flüchtiger Blick in den Garderobenspiegel. Doch was ist das? Sind das Diamanten in meinem Haar? Nein: geschmolzene Schneeflocken auf Braun. In diesem Moment bin ich nicht die Mutti auf dem Abstellgleis, sondern eine Schneekönigin.

Elisabeth Kern, Hechendorf am Pilsensee, Oberbayern

 

Was mein Leben reicher macht

Ich bin gehbehindert. Mit vorsichtigen Schritten nähere ich mich der Bank. Hinter mir das Stakkato von Damenschuhen. Aber ich werde nicht überholt. In der bank wende ich mich um: »Vielen Dank für Ihre Geduld!« Ein junges Lächeln antwortet mir: »Ich habe Zeit!« Wie schön ist das Gesicht eines Menschen, der Zeit hat!

Hans-Jürgen Ruwoldt, Uetersen