Als Kind lebte ich mit meinen Eltern in einer kleinen Wohnung in Augsburg. Wenn es im Winter früh dunkel wurde, klemmte meine Mutter spätnachmittags immer eine kleine Leselampe an unseren Küchentisch, legte einen Apfel zum Braten auf die heiße Herdplatte und löschte die Deckenbeleuchtung in unserer Wohnküche. Dann kuschelten wir uns eng aneinander auf das Sofa, das Feuer im Ofen prasselte, und meine Mutter las mir Geschichten vor. Unsere magische Dämmerstunde dauerte leider immer nur so lange, bis mein eher realistisch veranlagter Vater von der Arbeit nach Hause kam. Mit den Worten »Warum sitzt ihr denn hier im Dunkeln?« knipste er die Deckenlampe wieder an und holte uns etwas unsanft aus unserer Traumwelt in die hellgleißende Wirklichkeit zurück.
Zu Besuch bei meiner Freundin Marcella in Stuttgart: Von der Weihnachtsdeko im Kaufhaus inspiriert, beschließen wir spontan, Christstollen zu backen. Wenn er nun drei Wochen durchzieht, ist er genau am ersten Advent anschnittbereit!
Jeden zweiten Sonntag in einem Bett mit meiner Frau und unserer inzwischen 18-jährigen mehrfachbehinderten Tochter Laura aufzuwachen und Die Winterkinder von Rolf Zuckowski zu hören (auch im Sommer) und zu erleben, wie glücklich das Laura macht. (Wegen der Therapien verbringt unsere Tochter immer zwei Wochen am Stück in einer Behinderteneinrichtung.)
Beim Blick in diese Straße in Sprockhövel (NRW) lief es mir kalt den Rücken runter. Hier also hat die »Kalte Welt« ihr Zuhause! Noch beim Weiterfahren mit dem Fahrrad hatten die inzwischen recht kräftigen Sonnenstrahlen erhebliche Mühe, meine Stimmung aufzuhellen. Ob es wohl irgendwo auch eine »Warme Welt« gibt?
Im Keller eines alten Bauernhauses fand ich diesen Stein: dreieckig, die Spitzen abgeschrägt, auf einer Seite glatt mit drei Vertiefungen, eine Kante deutlich abgenutzt. So etwas hatte ich noch nie gesehen. Der Stein weckte meine Neugier. Wozu mag er wohl gut gewesen sein?
Inzwischen habe ich es herausgefunden: Er gehörte auf den Dielenboden in der Stube. Darauf stand der gusseiserne Kanonenofen, mit den drei Füßen in den Vertiefungen. Eine Kante ist abgenutzt von den vielen Schuhen, die zum Trocknen beziehungsweise Wärmen daran lehnten. Ein Ding aus einer fernen, längst vergangenen Zeit erzählt seine Geschichte – wenn man sie nur zu lesen weiß.
Meine Großmutter strickte früher sehr viel – oft hörte sie damit erst bei Anbruch der Dämmerung auf. Dann steckte sie die freie Nadel durch das Wollknäuel, um ihr Werk vor dem Herabfallen der Maschen zu bewahren, und verstaute das Strickzeug in einem Korb. Das war das Signal für den Beginn der Schummerstunde: Sie erzählte mir Märchen oder Geschichten von zu Hause, das heißt aus Ostpreußen.
Über 20 WG-Jahre lang hat mich dieses Spiel begleitet – an alle Wohnorte. Beim jüngsten Scrabble kamen die Erinnerungen hoch – dabei suchten wir nur einen freien Zettel. Als Gelegenheitsspieler waren wir alle keine Helden, hatten aber meistens viel Spaß am Küchentisch. Was Manu, Anne und Bigi machen, ist mir bekannt, wo Antje, Marion, Sandra und all die anderen stecken, würde ich zu gerne wissen. Vielleicht finde ich sie ja auf diesem Weg wieder …
Ein Nebeltag am Ammersee auf dem verlassenen Dampfersteg in Breitbrunn. Das Wasser eine graue Spiegelfläche, die Bäume leuchten am Uferrand, die Enten ziehen ihre Bahnen. Absolute Stille.