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Sammelsurium: Mein Wort-Schatz

Bei einem Sammelsurium habe ich geordnet Ungeordnetes vor Augen, Schätze, materiell von eher geringem Wert. Die Kombination reizt. Der erste Teil des Wortes (Sammel…) mit seinem Doppelkonsonanten klingt überaus geordnet und klischeehaft deutsch. Der zweite Teil (…surium) hat morgenländisches Flair, klingt nach »Simsalabim« – und wird dadurch zauberhaft und wertvoll.

Siegfried Schröder, Herscheid, Nordrhein-Westfalen

 

Was mein Leben reicher macht

Bei strahlendem Spätherbstwetter Aufstieg zum Durrenstein im Pustertal. Von oben kommt uns leichten Schrittes ein Senior vom Typ Luis Trenker entgegen. Auf unsere Frage, ob es denn noch weit sei zum Gipfel, antwortet er: »Na, ’s wird no a bissl steiler, aber des schafft’s ihr schon, seid’s ja no junge Madln.« Beschwingt steigen wir weiter: Die »Madln« sind über 50 …

Hannelore Büche-Fischer, Gottmadingen, Baden-Württemberg

 

Rechnung für zwölf Fahrstunden

Kaum zu glauben, dass ich schon ein halbes Jahrhundert lang Auto fahre! Am 16. November 1962 absolvierte ich in meinem Studienort Oldenburg die Fahrprüfung. Das Geld dafür hatte ich mir selbst erarbeitet und konnte so meine Eltern in Hildesheim mit meinem frisch erworbenen Führerschein überraschen.

Meine erste Ausfahrt führte mich (in Vaters Wagen) über den Roten Berg in Richtung Sibbesse. Die Strecke ist wegen ihrer Kurven heute bei Motorradfahrern sehr beliebt. Ich nahm den Berg damals im ersten oder zweiten Gang, weil ich Angst hatte zu schalten. Oben angekommen, war ich völlig durchgeschwitzt. Inzwischen wohne ich mit Mann und Kindern seit vielen Jahren in Sibbesse und kann nur lächeln, wenn jemand über die Kurven stöhnt. Ich selbst fahre nämlich mittlerweile mit Automatikgetriebe …

Barbara Wutkewicz, Sibbesse, Niedersachsen

 

Was mein Leben reicher macht

Morgens mit meinem kleinen Sohn (drei Monate alt) im Wald spazieren zu gehen und zu sehen, wie sich die bunten Blätter und die Wolken in seinen Augen spiegeln. Irgendwann schläft er ein – erfüllt von Eindrücken.

Tonia Iblher, Lübeck

 

Am Stehtisch

(Nach Heinrich Heine, »Am Teetisch«)

Sie standen und rauchten am Stehtisch
Und qualmten entsetzlich viel.
Die Herren, sämtlich unathletisch,
die Damen fast ganz ohne Stil.

»Der Rauch muss sein harmonisch«,
Der dürre Hofrat sprach.
Die Hofrätin hustete komisch
Und stürzte nach vorn, völlig schwach.

Der Domherr öffnet den Mund weit:
Der Qualm mache richtig froh,
Doch schade er der Gesundheit.
Das Fräulein röchelt: »Wieso?«

Die Gräfin spricht wehmütig:
»Das Rauchen ist eine Passion!«
Und präsentieret schmerzlich
Am Kehlkopf ihr Mikrofon.

Am Tisch war noch ein Plätzchen;
Mein Liebchen, da hast du gefehlt.
Du hättest, wärst du nicht verstorben
Vom Lungenkrebs uns was erzählt.

Danny Morgenstern, Braunschweig

 

Was mein Leben reicher macht

Bei der Eröffnung des Berliner Kammermusiksaales im Herbst 1987 stand ich mit einem jungen Mann in der Kassenschlange. Wir unterhielten uns, während wir auf unsere Tickets warteten, und irgendwie kamen wir auf das Brandenburger Örtchen Teltow und Teltower Rübchen zu sprechen – die ich gar nicht kannte. Ich erntete ein entgeistertes Gesicht: Dieses zarte Herbstgemüse, eine Delikatesse, die schon Goethe zu schätzen wusste…? Der junge Mann lud mich zum gemeinsamen Rübchen-Kochen ein, und seither treffen wir uns jedes Jahr!

Elisabeth Haaß, Berlin

 

Kuddelmuddel: Mein Wort-Schatz

Jedes kleinste Durcheinander ist heute gleich ein »Chaos« oder gar ein »absolutes Chaos«. Wie viel schöner ist da doch das Wort Kuddelmuddel für die kleinen Wirrnisse des Alltags! Es klingt nach einer leichter behebbaren, harmloseren und kleinräumigeren Unordnung als das bedrohliche »Chaos«. Das Wort »Chaos« hat nur einen Vorteil: Es lässt sich ohne Probleme zum Adjektiv machen (»chaotisch«). Selten hat man noch von »kuddelmuddeligen Zuständen« gehört.

Yvonne Treis, Paris

 

Das ist mein Ding

Meine erste Reithose, Anfang der sechziger Jahre. Die Erfüllung meines lang gehegten Traumes war für meine Eltern (mit insgesamt fünf Kindern) finanziell ein ziemlicher Kraftakt. Es gab damals noch keine Reitkleidung von der Stange, weshalb die Hose maßgeschneidert werden musste … Seit fast 50 Jahren begleitet mich dieses Unikat, noch immer gut erhalten und gehütet wie kostbares Geschmeide. Keine einzige der Reithosen, die ich in den Jahrzehnten danach besessen und verschlissen habe, konnte mich je wieder so in den Zustand der Glückseligkeit versetzen, wie es diese erste tat. Und wenn ich sie in den Händen halte, dann ist das Glück der Kindheit wieder ganz nah.

Getraud Obst, Bissendorf, Niedersachsen

 

Was mein Leben reicher macht

Wenn mein Freund mir morgens den Kaffee ans Bett bringt, dabei unter unsere Decke schlüpft (wir benutzen nur eine) und sich noch ein paar Minuten ankuschelt.

Melanie Seitz, München