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Was mein Leben reicher macht

Eine Kollegin holte mich ans Telefon: »Ein Mann möchte dich sprechen!« Am anderen Ende war mein Jüngster. Das war so ein Moment… Aus Kindern werden Männer!

Birgit Warnken, Görlitz

 

Was mein Leben reicher macht

Sieben Monate lang auf alle Bequemlichkeiten zu verzichten und dabei so viel zu gewinnen. Kein fließendes Wasser, keine Verkehrsmittel und kein klimatisiertes Büro. Stattdessen der tägliche Sprung in die kalten Wellen, Muskelkater in den Beinen und das Wetter im Gesicht. Und plötzlich erfüllen mich fünfzehn Quadratmeter trockene Holzhütte mit dem Gefühl des puren Luxus.

Moritz Mercker, z. Zt. Vogelinsel Trischen, Nordsee

 

Zeitsprung

Als Künstler waren Bildertransporte für mich unvermeidlich, ebenso Zeitsprünge. Ein Erkenntnissprung ergab sich daraus offenbar nicht, wie die Bildbeispiele belegen. 1979 brachte ich ein drei Meter langes und fast zwei Meter breites Keilrahmenleisten-Bild seitlich an meinem VW Käfer an, um es zu einer Ausstellung zu transportieren. Das schien mir die sicherste aller möglichen Befestigungen zu sein, mit Verzurrungen rund ums Auto herum. Allerdings bemerkte ich, dass ich aus der Distanz von der Besatzung eines Streifenwagens sehr geduldig beobachtet wurde. Als ich anfuhr, folgten mir die Beamten argwöhnisch – eine für mich kaum erträgliche Spannung. Doch die Polizisten ließen mich unbehelligt ziehen. Narrenfreiheit?

Als ich kürzlich wieder einmal eine Malerei (zwei mal zwei Meter) in eine Galerie bringen musste, kompensierte ich die Überbreite durch einen provisorischen Unterbau (frei nach Pythagoras). Die Fahrt verlief ohne Polizeiaufsicht. Nur der Fahrtwind trieb sein höchst aufregendes Spiel.

Dirk Schäfer, Wuppertal

 

Was mein Leben reicher macht

Meine Schwiegermama erzählt uns noch immer begeistert von den Olympischen Spielen. Stundenlang hat sie am Fernseher zugeschaut. Ihre neue Liebe: Volleyball. »Ach«, meint die fast 86-Jährige, »wäre ich zehn Jahre jünger, würde ich sofort damit anfangen!«

Christel Heidemann-Schmidt, Elmshorn

 

Löschwassereinspeisestelle: Mein Wort-Schatz

Ich bin 1957 geboren und mit dem Gefühl aufgewachsen, dass es eine Schande sei, deutsch zu sein. So habe ich mich stets als Individuum und nicht als Teil einer Nation begriffen. Seit fünfzehn Jahren arbeite ich häufig in den USA, und obwohl ich gern und gut Englisch spreche, ist mir erst während dieser Reisen klar geworden, was an mir typisch deutsch ist. Das fängt schon mit meinem Namen an: das dunkle U, das rollende R und das harte K, gefolgt von einem stummen E, das sind gleich mehrere unüberwindliche Hindernisse für englischsprachige Menschen. So habe ich mich ausgesöhnt mit meinem Pass und die deutsche Sprache lieben gelernt, mit all ihrer Umständlichkeit, aber auch Genauigkeit. Wie fast jeder Geschäftsreisende, der viel Zeit in Flugzeugen verbringt, will auch ich zum Schluss nur noch nach Hause. Und wenn ich nun aus dem Land komme, wo selbst der schönste Liebesbrief als love letter in zwei Teile geteilt wird, in Düsseldorf lande und im Eingang mein Blick auf das herrliche Wort Löschwassereinspeisestelle fällt, dann weiß ich: Ich bin zu Hause, und hier gehöre ich hin!

Ulrike Voelcker, Bochum

 

Mietminderung?

Türrahmen waren wohl leider ausverkauft, als dieses Haus in Berlin errichtet wurde. Nun kann der Mieter seinen schönen neuen Balkon durch zwei Fenster besichtigen. Vielleicht sollte er Mietminderung beantragen?

Antje K. Kakuschke, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

Eine Einladung zur Silberhochzeit, an meinen Mann und mich, mit den Worten: »Ihr habt viel dazu beigetragen, dass wir auch in schwierigem Gelände nie die Orientierung verloren haben. Danke für Eure Unterstützung!« Die Einladung kommt von meinem Exmann und seiner lieben Frau.

Birgit Mdluli-Gablik, Aachen

 

Was mein Leben reicher macht

Zwei Jahre als Entwicklungshelfer an einem technischen College in Thailand unter dem Motto »lernen und helfen«. In der Zeit habe ich sehr viel gelernt, hatte bei der Abreise aber große Zweifel, ob ich wirklich helfen konnte – zumal meine Unterrichtsmethoden auf wenig Begeisterung bei den Lehrern stießen. 25 Jahre später besuche ich das Projekt mit meiner Familie. Mein selbst gebautes Lehrmodell, das damals für unnötig gehalten wurde, wird nicht nur genutzt, sondern sogar nachgebaut. Dann die Aussage meines Counterparts, der jetzt Direktor ist: »Wir unterrichten jetzt wie du. Wir lehren die Schüler das Lernen.«

Werner Stibbe, Bad Arolsen, Hessen

 

Das Bayern-Visum

Ein im Zeitalter der Globalisierung und des  Schengener Abkommens (aber auch bayerischer Separationsbestrebungen; d. Red.) faszinierendes Dokument fand ich zufällig im Nachlass meiner Eltern: die in der Nachkriegszeit erforderliche Genehmigung für den Zuzug unserer dreiköpfigen Familie nach Bayern. Hintergrund war, dass die Firma Siemens, der Arbeitgeber meines Vaters, die Hauptverwaltung aus dem »unsicheren« Berlin ins »sichere« Bayern verlegen wollte. In Erlangen, dem neuen Standort, wurde ein völlig neuer Gebäudekomplex samt Wohnsiedlung aus dem Boden gestampft. Am letzten Apriltag 1951 kam abends der Möbelwagen. Ich war damals dreizehn Jahre alt und wurde auf einem Sofa auf der Ladefläche zum Schlafen gelegt. Am nächsten Morgen durfte ich nach vorne ins Führerhaus, und so trafen wir am 1. Mai bei blauem Himmel und Sonnenschein in unserem neuen Domizil ein. Dort lebe ich noch heute.

Dieter Scotti, Erlangen