Wer kauft nicht gern mal schicke, neue Klamotten? Rein in den Laden, und ran an die Regale! Wo ist meine Größe, meine Lieblingsfarbe, ein hübsches Muster? Anprobieren. Passt. Zur Kasse. In die Tüte. Fertig! Ortswechsel. In Kamerun mache ich mich, schwer bepackt mit Stoff und Zetteln voller eigener Dessins, auf in die winzigen Schneidereien von Grace, Eunice, Adeline, Marie, Prisceline, Winnifred, Sarah, Stella oder Titus. „Hallo, wie geht’s, was gibt es Neues?“ Entwurf diskutieren, modifizieren, Maße nehmen, Preis aushandeln, Abholdatum in Erfahrung bringen und gespannt sein auf das, was aus der Idee geworden sein wird. „Have a nice day! Stay fine. Bye-bye!“ Eine Woche später schlüpfe ich in das Ergebnis. Ein großes Stück Stoff dient als Umkleidekabine im kleinen, voll gestellten Marktverschlag. Spärlich fällt Licht durch ein Fensterchen. Einige Kleider sitzen wie eine zweiteHaut. Andere brauchen Nachhilfe. Manchmal ist mehr als Trippeln leider nicht drin. Dafür sieht’s voll elegant aus, umschmeichelt meine Taille und entzückt meine Mitmenschen. Der Kreativität sind keine Grenzen gesetzt. Wohin man auch schaut: Rüschen, Applikationen und Stickereien, Bananastyle oder Fish, Wrappa oder Kabba. Selbst für einen normalen Tag im Büro sind die Kamerunerinnen eleganter gekleidet, als ich vermutlich zu meiner eigenen Hochzeit erscheinen würde. Kleider sind Brücken, Zeichen der Zugehörigkeit. Kleider schützen mich. Niemand scheint meine weiße Haut unter den bunten Stoffen wahrzunehmen. Sister, du bist eine von uns!
Seit fast zwei Jahren lebt Tabea Müller, 37, im Nordwesten Kameruns. Als Sozialmanagerin berät sie Frauen, unterstützt ein Alphabetisierungsprogramm und andere Projekte. Hier erzählt sie jede Woche über den Alltag im Inneren Afrikas