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Kitzeln unterm Fuß

Bei Gelegenheit, also wenn ich allein zu Hause bin, schlurfe ich schwer und absichtlich über unseren harten Ziegenhaarteppich. Barfuß! Das hat meine Frau streng verboten. Aber es kitzelt so angenehm und macht ein super Surrgeräusch.

Matthias Gottschalk, Leverkusen

 

Kritzelei: Physikum

Ich habe gerade mein erstes Staatsexamen in Medizin (kurz: Physikum) hinter mir, und deshalb waren die letzten Wochen ein einziges Gefühlschaos für mich. Oft musste ich vor dem Einschlafen meine Gedanken auf Papier bringen. Ein Bild, das so entstanden ist, möchte ich Ihnen als Kritzelei senden.

Ariane Schick, Dresden

 

Ein Tag wie ein Geschenk

Nach einer Wanderung an einem wunderschönen, sonnigen Spätsommertag im Harz von Thale nach Treseburg durch das Bodetal, sang uns unsere langjährige Freundin den folgenden kleinen Pilgertext vor:
„Wechselnde Pfade, Schatten und Licht, alles ist Gnade, fürchte dich nicht!“

Ein Tag wie ein Geschenk!
Frauke und Dieter Hermanns, Hänigsen

 

Wiedersehen mit der Schwester

Ein Schwesterntreffen hat mein Leben reicher gemacht. Wir sind uns nach 22 Jahren wiederbegegnet, nach einem halben Leben also. Sofort entspann sich ein reger Austausch über unser beider Lebensläufe; aufmerksam und warmherzig nahmen wir Anteil aneinander. Biografisch betrachtet, verbindet uns nur ein gemeinsamer Vater, leider aber kaum gemeinsame Vergangenheit. Und doch gibt es sie, die gefühlte Verwandtschaft und unmittelbare Vertrautheit.

Tanja May, Bonn

 

Lieber Herr Westerwelle,

© Brendan
Hoffman/Getty Images

Sie haben, wie man das vom Außenminister eines demokratischen Staates erwarten kann, die Verleihung des Friedensnobelpreises an Liu Xiaobo begrüßt und den Mut des norwegischen Komitees betont. Zwei Tage später aber, als Frau Liu verschwunden war und unter Hausarrest gestellt wurde, kam keine Reaktion mehr von Ihnen. Der Preis rückte – wie so oft – den jahrelangen, lebensgefährlichen Einsatz eines Menschen für Bürgerrechte und Demokratie in den Mittelpunkt der Aufmerksamkeit – für 24 Stunden. 48 Stunden später zeigt die Bundesregierung kein Interesse mehr daran. Wo ist die Nachhaltigkeit in der Politik geblieben?

Schöne Grüße,
Franziska von Haaren, Heidelberg

 

Gruß von Nils Holgersson

1986: Ein Dorf in Bayern. Ich sit­ze mit meinen beiden kleinen Söhnen auf dem Fußboden. Sie freuen sich auf ihre 15 Minuten Fernsehzeit. Wir schauen Nils Holgersson zu, wie er mit den Wildgänsen fliegt, lacht und frei ist. Wir lachen mit, fühlen uns frei. 2010: Eine Kleinstadt im Norden, nahe der Ostsee. Seit vielen Jahren wohnen wir schon da. Meine Söhne sind inzwischen erwachsen, leben in München und Salzburg. Ich sitze im Garten, höre über mir das Geschnat­ter der Wildgänse, schaue zum Himmel, denke lächelnd: „Nils Holgersson!“

Helga Kern, Bad Oldesloe

 

Windschutzscheiben-Nachricht

Ein unter den Scheibenwischer geklemmter Gruß. Handgeschrieben: „Have a nice day!“ Hiermit sei herzlichst zurückgegrüßt!

Maud Wiedemann, Köln

 

Zeitsprung in die Zukunft

Heute, leider
Heute, leider

Warum soll ein Zeitsprung nicht auch in die Zukunft weisen? So wie auf dem unteren Bild könnte es immer aussehen vor der Gethsemanekirche in Berlin, Prenzlauer Berg! (Entstanden ist es bei einem Straßenfest im vergangenen Mai.) Die Gethsemanekirche bildet mit der umgebenden Bebauung nicht nur einen herausragend schönen Stadtraum, sie erlangte im Herbst 1989 auch noch historische Bedeutung.

Irgendwann?
Irgendwann?

Doch dieser außergewöhnliche Ort ist zu einem Parkplatz degradiert worden, wie das obere Foto zeigt. Wann werden die Menschen endlich merken, dass man Straßen viel besser nutzen kann als zum Parken? Warum sollte es uns nicht dauerhaft gelingen, diesen Platz zu dem zu machen, was seiner Würde und Historie wirklich angemessen ist: zu einer Stadtoase für die Menschen? Zu einem Ort, wo man auf der Straße spielen, hüpfen, malen, musizieren, rollern, tanzen kann – oder nur dasitzen und dem bunten Treiben zuschauen?

Cornelia Dittrich, Berlin

 

Der schönste Geburtstag

Ich hatte alles gut geplant, Feier in meinem Elternhaus, das seit dem Tod meiner Eltern leer steht. Einladungen kreuz und quer, Verwandte, alte und neue Freunde, Kollegen. Viele waren in Urlaub, wie immer bei meinen Geburtstagen mitten in den Sommerferien. Aber so etwa 60 Leute kamen, von der 95jährigen Tante Mathilde bis zum gerade geborenen Baby einer Freundin. Das Saxofonquartett sollte spielen – eine von uns konnte nicht. Die Bigbandfreunde hatte ich eingeladen, das ganze Equipment stand bereit, die meisten kamen aus unterschiedlichen Gründen nicht(unzuverlässige Musiker!!), die Jazzcomboleute kamen zwar, aber zu unterschiedlichen Zeiten, da das Fest sich über den ganzen Tag erstreckte.

Zwei Möglichkeiten hatte ich: 1. Beleidigte Leberwurst. 2. Plan B., wie ich es von meinem verstorbenen Papa kenne: Auf keinen Fall die Laune verderben lassen! Also griff ich irgendwann kurz entschlossen zur Gitarre, Liedertexte hatte ich wohlweislich vorbereitet, und nach anfänglichem Geziere und Zögern hatte ich alle so weit, dass sie mitsangen. Mein Papa hatte das bei Familienfesten auch immer so gemacht, erst maulten alle, aber da er unerbittlich war, sangen sie dann doch mit, und hinterher hieß es jedes Mal: Was für ein schönes Fest! Also – wir sangen. Wir sangen Beatleslieder, wir sangen alte Schlager, wir sangen Tangos, wir sangen Volkslieder aus aller Welt. Einer setzte sich ans Klavier, der Mieter aus Haiti spielte Congas, selbst die steifsten Rechtsanwälte und Vermögensberater spielten Bongos oder Shaker. Die Babies jauchzten, Tante Elfriede(auch schon 90) wollte nicht nach Hause, obwohl sie bei Familienfesten sonst immer sehr früh geht.

Es ging bis in die frühen Morgenstunden, es war viel besser, als von „Profis“ dargebotene Musik, weil alle selber beteiligt waren. Irgendwann fing eine Freundin an, Gedichte zu rezitieren, dann wurde weiter gesungen und getanzt. Zu später Stunde kam noch die Bigbandsängerin und scattete wie verrückt, begleitet von dem haiitianischen Trommler. Es war eine Wonne! Mein schönster Geburtstag überhaupt! Und viele, viele riefen am nächsten Tag an und bedankten sich noch mal extra für dieses schöne Fest. Eine liebe alte Freundin, die ich schon seit dem Kindergarten kenne und lange nicht mehr gesehen hatte, hatte es am Abend auf den Punkt gebracht. Sie sagte zu mir: Ich bin sicher, dein Papa da oben hört uns jetzt zu! Und genau das dachte ich auch.

Claudia Lohmann