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Wie stellt man Literatur aus?

Goethe als Batman, Goethe trifft Barbie, Komma, Semikolon und Punkt tanzen einen Eiertanz. Und man darf mittanzen, kann sich virtuell vorlesen lassen von ganz lebendigen Menschen, kann in der Speisekammer verführerischen Kindheitserinnerungen lauschen und den eingemauerten Goethe auf seinem Platz besuchen. Die Ausstellung Wie stellt man Literatur aus? im Frankfurter Goethehaus ist erfinderisch, fantasievoll, ironisch und macht neugierig.

Beate Feyerabend, Frankfurt

 

Zeitsprung: Grenzort Ellerich

1980 war ich 15 Jahre alt und stand während eines Kurzurlaubes im Harz mit der Familie an einem Aussichtspunkt, der einen Blick in das fremde Land DDR ermöglichte. Der Grenzort Ellrich lag sichtbar, aber unerreichbar in der Sperrzone, der Eiserne Vorhang ließ nur Güterzüge durch. Der Weg in der Bildmitte führt in den sogenannten Todesstreifen. Wie viele andere dachten auch wir: „Ob man dort wohl jemals wird hinkommen können?“ 2010: Die Bäume sind gewachsen. Sonst könnte man sehen, dass die Postenbrücke und der Grenzzaun längst auf dem Schrottplatz der Geschichte gelandet sind und dass auf der freien Fläche zur Linken ein Wohngebiet entstanden ist. In einem dieser Häuser wohne ich seit 1997.

Erik Onnen, Ellrich

 

Herbst

Kleine Spinne am
Altweibersommerfaden:
Wär ich leicht wie du!

Renate Ohmen, Düsseldorf

 

Wiedersehen mit Oskar

Spaziergang: Hinter einer Hecke stand ein älterer Mann und wir grüßten einander. Ja, kein Zweifel: die kleine Narbe über dem Auge. „Sie sind Oskar, nicht wahr?“ „Das stimmt, und wer sind Sie?“ Ich stellte mich vor. Vor vielen Jahren hatten wir in der gleichen Firma gearbeitet, „Was ist eigentlich aus Herrn N. geworden?“ – wie zwei alte Kollegen sich so austauschen. Oskar berichtete vom Neuanfang nach der Flucht aus Pommern. Wie er mit seinen Eltern dieses Haus gebaut hatte. Er erzählte von seiner Karriere und vom Handball, auch davon, dass er seine Frau verloren hatte und wie schwer das Leben nun sei. Den ganzen Abend bewegte mich dieses Gespräch, die Geschichte von Menschen, die sich immer wieder aufrichteten.

Detlef Witt, Pinneberg

 

Augsburger Zufälle

Auf der Fahrt nach München, um einen meiner Söhne zu besuchen, in Augsburg Station gemacht. Hab mich an die Augsburger Puppenkiste erinnert, die in meiner Jugend an Sonntagen nicht wegzudenken war. Das Theater gibt’s noch, jedoch: ausverkauftes Haus. Hab versucht, an der Abendkasse noch eine Karte zu bekommen. Irgendjemand hatte seine zurückgegeben. Erste Reihe. Wie viele tolle Zufälle doch zusammentreffen können!

Herbert Behr, St. Ingbert

 

Freundlichkeit in Jantarnyj

Auf „ZEITreise“ In Palmnicken, heute Jantarnyj: Es ist heiss. Nach einem Picknick am Strand steige ich langsam die Treppen zur Straße hinauf. Dort hat meine Reisegruppe die Fahrräder abgestellt und dort wartet eine Bus, der uns
nun nach Kaliningrad bringen wird. Ein Mann holt mich ein, nickt mir fragend zu und deutet auf meine Fahrradtasche. Ich nicke zurück und drücke sie ihm in die Hand. Mündlich verständigen können wir uns nicht. An der Straße angekommen überreicht mir mein Begleiter die Tasche. Wir verabschieden uns mit einer freundlichen Verbeugung.

Karin Thümmler, Kassel

 

Der Ruheberg

Der Baum, unter dem wir dereinst begraben werden, hat die Nummer 250. Als der Forstbeamte, der uns auf den Ruheberg begleitete, mit stolzem Lächeln verkündete, dass man von hier eine prima Aussicht habe, stand unsere Entscheidung endgültig fest. Sieben Menschen finden unter dem riesigen Bergahorn Platz, fünf Namensschilder hängen schon, die Nächsten sind wir. Muss ja nicht morgen sein.

Christel und Jaroslav Olejar, Sexau, Baden

 

Kritzelei: Urlaub

Die Sommerferien sind längst vorbei. Aber noch immer schaue ich gern auf dieses „Werk“ meiner vierzehnjährigen Tochter Kristine. Voller Vorfreude auf den Urlaub hat sie es zwei Wochen vor den Ferien gemeinsam mit einer Freundin in einer Schulstunde verfertigt. Die Lehrer haben hoffentlich nichts gemerkt – und mögen es verzeihen.

Helga Krausser-Raether, Frankfurt am Main