Donnerstag, 7 Uhr: Teufelsbraten Nummer 1 (3½): „Mama, ich bin waaaaach!“ Aufstehen. Teufelsbraten Nummer 2 (4 Monate) hat Hunger. Stillen. Wickeln. Anziehen. Frühstück machen. „Mama, ich mag aber das blaue TShirt!“ Kindergarten. Schnell wieder nach Hause, umziehen: Teufelsbraten Nummer 2 hat die Milch auf mein Oberteil gespuckt. Ab ins Büro (regelmäßige Besuche erleichtern den Wiedereinstieg – ich freu mich drauf). Stillen. Einkaufen. Treppen hoch mit Kinderwagentasche, Einkaufstüten. Essen. Stillen, Teufelsbraten Nummer 2 macht ein Nickerchen. Schnell Aufgaben am Computer erledigen. Wäsche aufhängen. Oma anrufen (heute nur 34 Minuten). Nickerchen zu Ende. Stillen. Kindergarten. Überfälliges Buch in der Bücherei abgeben. Spielplatz. Treppen hoch mit Kinderwagentasche rechts, Teufelsbraten Nummer 1 links, „Mama, kannst du mich auch tragen?“. Stillen und neu ausgeliehenes Buch vorlesen. Einen Teufelsbraten auf dem Arm, einer hängt am Bein, ich rühre Eierkuchenteig. Zufriedenes Schmatzen. Auf zur letzten Runde: ausziehen, duschen, Zähne putzen, stillen, wickeln, „Die Blümelein, sie schlafen…“ – „Mama, ich hab noch Durst.“ Endlich: Stille. Ich schleiche müde ins dunkle Kinderzimmer, höre den ruhigen Atem meiner Kinder und fühle mich unendlich reich.
Marathonlauf in Fürth. Ich stehe an der Uferpromenade. Ein endloser Strom von Läufern rauscht an mir vorbei, ein Pulk von erhitzten Gesichtern mit zielstrebigen Mienen. Mitten in dieser farbenfrohen Menge fallen mir zwei Männer auf, die jeder mit drei Bällen jonglieren. Lässig und locker werfen sie die Bälle in die Luft und halten dabei – bewundernswert! – das Tempo mit. Beifall brandet auf. Solange ich diese Laufkünstler beobachten kann, verlieren sie nie einen Ball.
„Butterbrote“ wünschen sich meine kleinen Nachbarinnen Judith (7) und Rebecca (5) bei einem ihrer Besuche. Als sie die Schnitten verspeisen, erinnere ich mich an die köstlichen Butterbrote meiner Tante Kathi. Immer wenn ich in der Nachkriegszeit ein paar Ferientage bei ihr verbrachte, kaufte die Kriegerwitwe Butter für ihre „spindeldürre“ Nichte, während sie selbst und ihre sechs Töchter sich Margarine aufs Brot strichen. Heute denke ich mir: Ein Wunder, dass mich meine Cousinen trotzdem nett behandelt haben…
Renate Steinhorst, Bamberg
Nacht in einer deutschen Provinzstadt der siebziger Jahre: Polizisten umstellen eine kleine Ladenpassage von beiden Seiten. Nachbarn haben angerufen und verdächtige Gestalten gemeldet, die sich dort zusammengerottet hätten. Die Polizei bewegt sich vorsichtig, auf den Ernstfall vorbereitet, auf die Verdächtigen zu und verlangt eine
Erklärung. Nach einem Moment ungläubigen Staunens löst sich alles in Gelächter auf: Die Verdächtigen stehen vor der einzigen Verkaufsstelle der Stadt, in der es am nächsten Tag Karten für die bevorstehende Fußballweltmeisterschaft gibt, darunter Endspielkarten, 62 insgesamt, höchstens zwei pro Person. Mit einem Studienfreund war ich unter den Verdächtigen, sah das legendäre Spiel BRD – Niederlande (2 : 1), und bei einer Aufräumaktion ist das gute Stück, rechtzeitig zur WM, jetzt wieder aus der Versenkung aufgetaucht.
Ich stehe im Westerwald am offenen Fenster eines Dampfzuges. Gleich wird er abfahren. Eine sanfte Wolke weht von der Lok herüber und trägt deren unnachahmlichen Geruch von Rauch, Öl und Wasserdampf zu einem vielleicht Fünfjährigen neben mir. „Mmmh, was riecht das gut!“, ertönt es voller Emphase. Schön, dass die Vergangenheit
so junge Freunde hat!
Seit zwölf Jahren wohnen wir in Norwegen, am Sværefjord bei Balestrand zwischen 800 und 1400 Meter hohen Bergketten. Am Ostufer des Sværefjords heißt ein Gipfel der Bergkette Blåhesten – „Das blaue Pferd“. Ich fragte Anwohner, betagte und junge. Aber warum ausgerechnet dieser Gipfel (auf den Bildern der erste von links) „Das blaue Pferd“ heißt, konnte mir niemand erklären.
Im letzten Dezember gab mir meine Fotoleidenschaft die Antwort. Aus einer Bilderserie vom Sværetal lag ein winterliches Foto neben meinem Arbeitsplatz. Bei einem flüchtigen Blick erkannte ich einen Pferdekopf. Da war es, das blaue Pferd! Erst eine bestimmte Schneehöhe macht die Erscheinung des Pferdekopfes möglich, denn die Schatten in einer Schneelandschaft zeigen immer einen blauen Farbton. Das Rätsel des blauen Pferdes war durch Zufall gelöst.
Egal, wie das nächste Spiel ausgeht und ob Ihr es ins Finale schafft: Ihr macht das ganz prima! Einzeln und als Team. Darum tut es mir leid, dass unsere Nationalhymne nicht so ist wie Ihr: deutsch und weltoffen zugleich. Ihr verdient eine zweite Strophe, einen Text, der alle Spieler einlädt, mitzusingen. Wie wär’s damit? Einig sind wir, Recht auf Freiheit / hat, wer lebt in diesem Land. / Danach lasst uns alle streben, / brüderlich mit Herz und Hand. / Das heißt teilen, redlich teilen / Geld und Macht in diesem Land. / Blüh im Glanze dieses Glückes, / blühe, Deutschland, unser Land!
Schöne Grüße, Gabriele Kleb, Osterrade, Schleswig-Holstein