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Was mein Leben reicher macht

Sechs Damen nach dem Frühschwimmen in der Dusche, alle Ü 80. Eine sagt: »Komm, Elsa, ich schrubb dir den Rücken, da kommst du ja nicht mehr selbst an.« Spontan stellen sich alle im Kreis auf, und eine wäscht der anderen den Rücken. Und sie haben Spaß dabei!

Karin Mancino, Neumünster

 

Brotmarken aus dem Ersten Weltkrieg

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Im Jahre 1968 habe ich als Abiturient (und übrigens auch schon ZEIT-Abonnent!) in Hameln einen alten Schreibtisch gekauft, zum Sonderpreis von fünf Mark, weil die Mehrzahl der Kunden damals offenbar lieber was Modernes haben wollte. Das solide, mit Intarsien und Messingbeschlägen verzierte Möbelstück überstand Umzüge nach Göttingen, Clausthal, Hamburg und Aachen. Als wir bei einem dieser Umzüge die Schubladen herausnehmen mussten, kam ein versteckter Briefumschlag mit Brotmarken von 1915 zum Vorschein. Und als ich jetzt die Unterlagen für meinen Rentenantrag zusammensuchte, habe ich diese Marken zufällig wiederentdeckt. Seither grüble ich darüber nach, wer wohl vor knapp hundert Jahren an meinem Schreibtisch saß und wie er Krieg und Inflation empfunden haben mag.

Dieter Mergel, Aachen

 

Schanzkachel: Mein Wort-Schatz

Meine Tochter Diana präsentierte ihren Großeltern ihr erfreuliches Zeugnis. Mein Vater nickte anerkennend und meinte: »Früher hätte man gesagt, du bist eine Schanzkachel.« Wir lachten spontan los ob dieses uns bis dahin unbekannten Ausdrucks. Doch der Duden bestätigte die Auskunft meines Vaters, wonach der Begriff »schanzen« früher als Synonym für »lernen« verwendet wurde. Wie mein Vater weiter erklärte, beschrieb der (schwäbische) Ausdruck »Kachel« eine Person, die eher fülliger Statur war, und »Schanzkachel« entsprechend Streber beiderlei Geschlechts. Denn die hätten durch das ausgedehnte Lernen weniger Zeit für Bewegung gehabt und seien deshalb etwas dicker gewesen – so die Beobachtung meines Vaters. Letzteres trifft auf meine Tochter allerdings nicht zu!

Edith Wiedenmann, Roggenburg-Biberach, Bayern

 

Was mein Leben reicher macht

Der erste Ausflug ohne Segellehrer, nur meine Tochter und ich. Wir gleiten übers Wasser, und da taucht er auf, backbord voraus: Ein neugieriger Seehund schaut mit seinen großen Augen, wer da heute noch so unterwegs ist.

Imke Sunder, Erlangen

 

Was mein Leben reicher macht

Meinem ältesten Sohn Felix (sechs Jahre) habe ich das Wort »Sex« in einem erstaunlich unkomplizierten Gespräch erklärt und erwähnt, dass dabei auch ein Kind entstehen kann.

Eine gute Woche später verpacken wir ein Geschenk für unsere Nachbarn, die kürzlich Zwillingsmädchen bekommen haben. Mein Sohn ganz beiläufig: »Haben die zweimal Sex gehabt?«

Annette Bollig, Wittlich, Rheinland-Pfalz

 

Was mein Leben reicher macht

Dienstagabend in Berlin. Warschauer Brücke. Der Verkehr tost vierspurig an mir vorbei. Überall Party-People, Skate-boards, Ghettoblaster. Mitten auf der Brücke steht ein Gitarrist und spielt ein Lied. Einfach so, unbeeindruckt vom Wahnsinn der Großstadt um ihn herum. Einen Moment tauche ich in seine Musik ein, gedankenverloren, der Zeit entrückt. Wir lächeln uns an. Er versteht, was ich fühle.

Christiane Fetscher, Berlin

 

Prahlhans: Mein Wort-Schatz

In der Schule nannten wir solche Leute Angeber; meine Mutter pflegte diesen Typ Mensch als Aufschneider zu bezeichnen. Meine Großmutter dagegen sagte eher Prahlhans und benutzte das Wort auch manchmal für Mobiliar. Das fiel mir ein, als ich neulich – voller Freude – den Begriff mal wieder hörte, und zwar angewandt auf eine in der Neuzeit nachgebaute Biedermeier-Hängevitrine (voller Sammeltassen mit Hamburg-Motiven) …

Peter Dittler, Perleberg, Brandenburg