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Die Kritzelei der Woche

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In unserer Küche liegt stets ein Notizzettel bereit, auf dem meine 13-jährige Tochter Antonia und ich im Wechsel herumkritzeln, immer wieder Details hinzufügen und auf diese Weise Geschichte erzählen. Für mich immer wieder ein Anlass zum Staunen und zum Kichern – quasi im Vorübergehen.

Monika Widmer, Gleiszellen, Rheinland-Pfalz

 

Majorenn: Mein Wort-Schatz

1970 kam ich zum Studium nach Kiel und suchte ein Zimmer. Die Vermieterin, eine alte Witwe, begutachtete mich von oben bis unten und fragte mit den Worten »Sie sind noch nicht Majorenn!« nach meinen Eltern. Ich erhielt das Zimmer, packte meine Bücher aus und schaute erst einmal in den Fremdwörter-Duden: »Majorenn« war ein (damals schon) veralteter Begriff für »volljährig, mündig«. Tatsächlich war ich trotz meiner 20 im Sinne des Gesetzes noch nicht erwachsen: Erst 1975 wurde die Grenze zur Volljährigkeit auf 18 abgesenkt.

Rainer Maché, Ludwigshafen am Rhein

 

Was mein Leben reicher macht

Einen Briefumschlag zu öffnen, aus dem Lavendelduft strömt. Unzählige Lavendelblüten purzeln heraus. Seit Jahren war es der Traum meiner Tocher, die Lavendelblüte in der Provence zu erleben. Ich weiß: Ihr Traum ist in Erfüllung gegangen.

Hilde Bauhofer, Berchtesgaden

 

Zeitsprung: Klare Entscheidung

Ein Sonntagnachmittag im Garten, die ganze Familie ist versammelt. Der Schwager hat einen großen Fisch in der Elbe gefangen, der hängt jetzt im Räucherofen. Schönes Wetter, plaudern, essen. Als dann doch einige Wolken heraufziehen und bald die ersten Tropfen fallen, zögern wir: Schnell alle Sachen zusammenpacken und ins Haus gehen? Das wäre naheliegend, aber auch sehr schade.
Der Regen wird stärker, jetzt müssen wir uns wirklich entscheiden! Und da kommt jemand mit einer Handvoll Regenschirme aus dem Haus. Die sind schnell verteilt, alle sitzen wieder im Trockenen, die
Gespräche werden fortgesetzt. Nun begleitet vom gemütlichen Klang der Regentropfen. Und auch die Kleinen lassen sich nicht stören: Sie planschen gut beschirmt in ihrem Ballbecken.

Jörg Lipskoch, Halle an der Saale

 

Der Schnullerbaum

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Auf dem riesigen Gelände des Universitätsklinikums Eppendorf in Hamburg gibt es viele Bäume. Mächtige Eichen und imposante Kastanien sind darunter. Ein unscheinbarer Baum aber, vielleicht eher ein Busch oder Strauch, dessen Namen ich nicht einmal kenne, erregte meine Aufmerksamkeit. Nicht wegen seiner Erscheinung, nicht wegen seines Standortes, sondern wegen der besonderen Früchte, die er trägt: Schnuller! Dieses Bäumchen steht im Eingangsbereich der Kinder-Poliklinik. Wir mussten selber mit unserem jüngsten dort auf der Onkologie eine Nacht verbringen – mit gutem Ausgang. Aber welche Geschichten könnten diese Schnuller wohl erzählen, von welchem Schicksal könnten sie berichten und von welchem Glück und welcher Trauer? Dieser Baum hat mich sehr bewegt.

Dirk Ludewig, Hamburg

 

Was mein Leben reicher macht

Im ICE von Erfurt nach Düsseldorf das ZEIT-Sommerrätsel auszupacken und mit mir fremden Sitznachbarinnen zu brüten, mich auszutauschen, laut nachzudenken – und Wort für Wort der Lösung näher zu kommen. Dazwischen Schokolade fürs Hirn; und am Ende sind neben dem Zugchef noch drei Ferienkinder, ein Pärchen und die Mitfahrer beteiligt. Ein Riesenspaß, der die Zeit im Nu vergehen lässt und allen ein Lächeln aufs Gesicht zaubert.

Sabine Guntau, Erfurt

 

Die Kritzelei der Woche

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Während der Korrektur des diesjährigen Zentralabiturs in Deutsch musste ich zwischendurch immer mal wieder kritzeln, um meine Gedanken zu sortieren, bessere Laune zu bekommen oder einfach nur, um zu entspannen. Leicht erkennbar ist das Thema, das achtzig Prozent meiner Schülerinnen und Schüler gewählt hatten: »Peter Härtlings Auszug aus seinen biografischen Schriften im Vergleich mit Kafkas Erzählung Die Verwandlung«, gesetztes Thema in Niedersachsen. Auch unschwer zu erkennen: Wir korrigieren in den Farben Rot und Grün, meine Notizen mache ich mir in Schwarz.

Antje Schäper, Lotte, Westfalen

 

Streichelzoo

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Sonntagnachmittag im Sommer. Wer keinen Besuch hat, sitzt in der Sonne auf der Terrasse der Seniorenresidenz. Kontakt und Zuwendung scheinen herzlich willkommen.

Dr. Christian Epperlein, Recke

 

Was mein Leben reicher macht

Als unser Sohn die letzte Prüfung seines Medizinstudiums bestanden hatte, gingen wir mit ihm zum Essen. Zufällig kam unser Arzt aus seiner Praxis und begrüßte unseren Sohn mit: »Guten Tag, Herr Kollege!« Für mich ein unvergesslicher Moment voller Stolz auf meinen Sohn.

Werner Fobbe, Wilhelmshaven