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Wolfgang Schmidbauer

 

(c) Privat

Als einer der bekanntesten deutschen Psychotherapeuten beantwortet Wolfgang Schmidbauer seit genau 136 Wochen „Große Fragen der Liebe“ für das ZEITmagazin. Er publiziert in regelmäßigen Abständen Bücher, so auch wieder kürzlich geschehen. Sein aktueller Titel „Das kalte Herz“, benannt nach dem gleichnamigen Märchen von Wilhelm Hauff, ist im Murmann-Verlag erschienen.

ZEITmagazin: Herr Schmidbauer, welche sind die größten Probleme in Liebesbeziehungen?
Wolfgang Schmidbauer: Ins Unreine gesprochen: Eifersucht, Gleichgültigkeit, Geld und Sex und Meinungsverschiedenheiten über Verteilungsprobleme.

ZEITmagazin: Darf ich fragen, wie es in Ihrer eigenen Beziehung aussieht?
Schmidbauer: Ich bin ja jetzt 69 und sehr dankbar für die Zeit, die ich noch gesund und munter zusammen mit meiner Frau verbringen kann. Wenn ich mit Paaren rede und dann sehe, wie die sich das Leben schwer machen können, bin ich auch dankbar, dass ich inzwischen aus meinen Fehlern genug gelernt habe, um das sein zu lassen.

ZEITmagazin: Ab welchem Alter wird man denn langsam klüger?
Schmidbauer: 40 sagen die Schwaben und das passt auch zu meinem eigenen Erleben. Das ist ja die Lebensmitte. Da werden die Veränderungskapazitäten enger und man denkt nicht mehr: „Ich muss das jetzt alles reißen, um was Neues aufzubauen.“

ZEITmagazin: Man fängt an, sich nicht mehr auf alles einzustellen?
Schmidbauer: Ja, sondern eher das Konservative zu entwickeln.

ZEITmagazin: Auf welche Frage wussten Sie keine Antwort?
Schmidbauer: Ich weiß ja oft keine direkte Antwort. Es gibt aber Fragen wie „Soll ich mich jetzt trennen, oder zusammenbleiben?“ Darauf habe ich keine Antwort. Allerdings müssen Sie nicht immer gleich eine große Entscheidung treffen, die alles verändert. Die wesentliche Frage ist, wie können Sie die aktuelle Situation der Beziehung so verbessern, dass es für beide erträglicher wird.

ZEITmagazin: Wie reagieren Sie, wenn Sie mit so einer Frage konfrontiert werden?
Schmidbauer: Wenn Sie die Frage „Soll ich, oder soll ich nicht“ an einen Experten stellen, drückt das auch aus, dass Sie sich in einer kindlichen Situation fühlen, in der Sie Verantwortungen für solche Entscheidungen delegieren wollen. Das weise ich dann freundlich zurück.

ZEITmagazin: Was belastet denn die Deutschen Lieben mehr, Probleme in der Beziehung oder das Fremdgehen und Affären?
Schmidbauer: Ganz bestimmt Probleme in der Beziehung. Ist die Beziehung eigentlich stabil, werden die Affären verheimlicht oder nicht ernst genommen. Werden sie zum großen Problem, bedeutet das schon, dass Einfühlungsvermögen und die gegenseitige Befriedigung in der Beziehung schwach entwickelt sind.

ZEITmagazin: Ihr aktuelles Buch heißt „Das kalte Herz“.  Darin beschäftigen Sie sich mit dem Verhältnis von Geld und Gefühlen. Konkurrieren diese beiden miteinander?
Schmidbauer: Ja, ich denke schon. Es gibt zwei wesentliche Tabu- und Konfliktthemen in Beziehungen: Sex und Geld. In beiden geht es um Austausch und um die Frage wer gibt mehr und wer nimmt mehr von unserem gemeinsamen Konto. Durch Geld entsteht die Versuchung Empathie durch Zahlen zu ersetzen. Was man sehr schön in der Wirtschaft an vielen Beispielen beobachten kann. Und so ähnlich funktioniert es in Beziehungen auch: Wenn diese Ausgewogenheit zwischen der Ökonomie und der Empathie gestört ist, hat auch die Beziehung ein Problem.

ZEITmagazin: Werden Herzen, die einmal zu kaltem Stein geworden sind, wieder zu Fleisch? Oder sollte man sich dann lieber ein Neues suchen?
Schmidbauer: Sowohl als auch. Wenn Sie das Gefühl haben, ihr Partner ist kalt und behandelt Sie schlecht, halte ich die Bereitschaft sich jemanden zu suchen, der ein wärmeres Herz für Sie hat, für eine gute Idee. Das belebt in vielen Fällen die Beziehung, während der Vorwurf „Du bist so kalt“ den anderen nicht wärmer macht.

ZEITmagazin: Gibt es eine große Frage zum Thema Liebe, die Sie nicht mehr hören können?
Schmidbauer: Nein, das fände ich unprofessionell. Ich habe auch das Glück, dass mich Menschen so interessieren, dass ich diesen Fragen immer wieder etwas abgewinnen kann. Und was sich auf den ersten Blick banal anhört, wird interessanter und komplizierter, wenn man sich hineinvertieft.

Die Fragen stellte Undine Zimmer

18 Kommentare

  1.   business review

    Und auch nicht weiB ob man das uberhaupt noch will.Wolfgang Schmidbauer zeigt exemplarisch verschiedene heikle Umstande und Problemsituationen in Beziehungen auf beschreibt diese und erlautert mogliche Losungswege. Wolfgang Schmidbauer zeigt exemplarisch verschiedene heikle Umstande und Problemsituationen in Beziehungen auf beschreibt diese und erlautert mogliche Losungswege. …………………………..Paartherapie von Wolfgang Schmidbauer…………….

  2.   docstrange

    Liebe/r Taranis,
    im Gegensatz zu Schmidbauer bin ich nicht Experte oder Wissenschaftler der Beziehungslehre, sondern ein kritischer Leser, der sich kritisch und oeffentlich mit seinen Behauptungen auseinandersetzt.

    Die Beweislast fuer von Schmidbauer aufgestellte Behauptungen liegt bei ihm, genauso wie die Beweislast fuer medizinische oder andere wissenschaftliche Behauptungen bei deren Vertretern liegt, nicht beim Leser. Sonst koennten Sie ja morgen in der ZEIT behaupten, dass Tetanus Impfungen Krebs verursachen, und weil Sie nun mal Arzt sind wuerden sich viele finden, die Ihnen glauben, selbst wenn keinerlei Daten zum Beleg dieser Aussage vorhanden sind oder die Daten von schlechter Qualitaet & manipuliert worden sind (z.B. MMR Impfung).

    Die von Ihnen beobachtete Erfahrung, dass Menschen sich ihrer Geschlechtskrankheiten schaemen hat nichts mit der Behauptung zu tun, dass Sex das groesste Problem in Beziehungen sei – ausser wir alle wuerden an Geschlechtskrankheiten leiden und das waere die Ursache unserer sexuellen Probleme & Beziehungsprobleme. In Westeuropa leiden ca 60 pro 100.000 Menschen an Geschlechtskrankheiten, 0.06% (http://en.wikipedia.org/wiki/Sexually_transmitted_disease), wohl kaum die Erklaerung fuer eine 1000-fach hoehere Scheidungsrate von ca 50% (http://de.wikipedia.org/wiki/Scheidungsrate).

    Ihre Behauptung ich haette „Alles Falsch“ geschrieben ist offensichtlich falsch, sowohl woertlich als auch inhaltlich, da ich mich direkt auf eine Aussage Schmidbauers bezogen habe.
    Ihre Behauptung ich haette „gebruellt“ ist verletzend und verleumdend und ebenso offensichtlich unzutreffend – wieso greifen Sie einen kritischen Leser auf diese Weise an?

    Die Tatsache, dass Sie Ihren medizinischen Hintergrund benutzen, um Ihren Aussagen mehr Gewicht zu verleihen (ohne jedoch jegliche Daten oder Belege fuer Ihre Behauptunge anzugeben) und meine Aussage zu entwerten laesst mich fragen, wie Sie mit kritischen Patienten und kriFragen zu Ihrer eigenen medizinischen Praxis umgehen.

    Was moegliche Gruende fuer Beziehungprobleme angeht moechte ich Sie auf nur eine Studie, die ich in 5 Minuten Literatur Recherche gefunden habe, die jedoch die Ergebnisse von ca 80 anderen Studien mit einbezieht: http://espace.library.uq.edu.au/view/UQ:119886

    Die Hauptrisiken fuer Scheidung werden mit Vorbelastungen in der Herkunftsfamilie angegeben, Erwartungen, Kommunikation und Konfliktmanagement werden als zentrale Faktoren identifiziert, ferner Alkohol, Gewalt und UNTER ANDEREM sexuelle und finanzielle Belastungen.

    Ein aufmerksames Lesen der weiteren Kommentare eruebrigt es auf Ihren Ratschlag einzugehen, das Buch dieses Autors zu lesen, geschweigen denn zu kaufen – schlimm genug auf diesen Artikel reingefallen zu sein.

  3.   docstrange

    @ Tanaris

    PS Sex ist im 21 Jahrhundert so massiv auf der Tagesordnung, dass es fast unmoeglich ist einen Menschen zu finden, der nicht durch Schulunterricht, Bravo, Frauenzeitschriften, Herrenmagazine, Tageszeitungen oder Fernsehen ueber Praktiken, Probleme und Loesungsmoeglichkeiten informiert waere – ausser eben diese Menschen stammen aus einer ganz anderen Generation.

    Vielleicht sind Sie selbst ja aus der Generation Schmidbauers und einige der Probleme Ihrer Patienten haben womoeglich mit genau diesem Generationenkonflikt zu tun, oder Ihrer lautstarken Wert(vor-)Urteile?

  4.   Troubadour

    Geld und Sex Tabuthemen??

    Also meine Freundin und ich, wir reden über fast nichts anderes…!

  5.   Kurt Saum

    „Wenn Sie die Frage „Soll ich, oder soll ich nicht“ an einen Experten stellen, drückt das auch aus, dass Sie sich in einer kindlichen Situation fühlen, in der Sie Verantwortungen für solche Entscheidungen delegieren wollen. Das weise ich dann freundlich zurück.“ Genau. Und die Kunst des Therapeuten besteht dann anschließend darin, den Patienten im Laufe der weiteren Therapie so zu manipulieren, dass er auf die nicht geäußerte Antwort des Therapeuten „selber“ kommt. Das stärkt dann das Selbstvertrauen des Patienten (und der Therapeut muss hinterher keine lästigen Fragen des Patienten beantworten, wenn die Lösung sich dann doch nicht als so tolle herausstellt).


  6. Ich finde es immer wieder befremdlich bis amüsant, in den Leserkommentaren zu lesen, wie sehr sich mach einer über Herrn Schmidbauer bzw. seine Kolumne aufregt. Ich habe nie den Eindruck gewonnen, dass er allgemein gültige, unumstößliche Beurteilungen für Lebenssituationen der Kategorie X oder Y liefern will. Vielmehr kommt es mir so vor, als berichte er von Situationen, die ihm in seiner Berufspraxis geschildert worden sind. Seine Kommentare/Beurteilungen sind sicherlich auch nicht exklusiv gemeint, so dass der werte Leser auch ganz andere Meinung sein könnte, meinen Sie nicht?

    Die Presse an sich schreibt doch derart viel Unsinn (ich münze dies hier nicht auf die Zeit an sich), dass es mir zu denken gibt, wenn Leute wegen einer kleinen Kolumne, die sie als trivial/belanglos/schlecht geschrieben empfinden, gleich ein Abo kündigen wollen bzw. schriftlich fast aus der Haut fahren. Das an sich einmal psychotherapeutisch zu durchleuchten wäre doch außerordentlich spannend!


  7. Dann hoffe ich stark, daß Ihnen keine unangenehme Überraschung blüht, wenn sich die finanziellen Verhältnisse umkehren!

  8.   Petit Stift

    Docstrange,

    mir bleibt nichts, als ehrfürchtig niederzuknien. Sie bringen perfekt auf den Punkt, was ich nicht zu formulieren vermochte. Vielen Dank hierfür!

    Und wieder einmal zeigt sich, dass ein hohes Studium leider nicht zu allem befähigt …

 

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