Auf den ersten Blick scheint alles in bester Ordnung: Ein demokratischer Machtwechsel vollzieht sich in der Landeshauptstadt Kiel. Torsten Albig (SPD), bislang Sprecher von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück in Kiel, löst die bisherige Oberbürgermeisterin, Angelika Volquartz (CDU) ab; 52,1 Prozent der Kieler haben sich am vergangenen Sonntag für ihn entschieden und ihm damit schon im ersten Wahlgang – durchaus eine Überraschung – eine absolute Mehrheit verschafft. Democracy at work! Oder?
Ein bitterer Beigeschmack haftet der Wahl an: Nur 36,5 Prozent der Wahlberechtigten haben nämlich von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht – kaum mehr als jeder Dritte; in einigen Kieler Wahlkreisen waren es sogar weniger als 20 Prozent. Vier von fünf Wahlberechtigten sind dort am Wahltag zu Hause geblieben. Die Mehrheit von Albig ist vor diesem Hintergrund keineswegs absolut: Umgerechnet auf die Zahl der Wahlberechtigten genießt Albig die Unterstützung von gerade einmal 19 Prozent der Kieler! Und dies trotz der Tatsache, dass gerade die SPD (und in Reaktion darauf auch die CDU) mehrfach ihre bundespolitische Prominenz vor Ort aufgefahren hat. Merkel, Steinmeier, Steinbrück – sie alle waren in Kiel, die Wähler insgesamt mobilisiert haben sie kaum. Ebenso wenig wie die anderen Kandidaten und Parteien. Bei der vorausgehenden OB-Wahl hatten immerhin noch knapp 50 Prozent der Wahlberechtigten von ihrem Stimmrecht Gebrauch gemacht. Insgesamt kein gutes Zeichen für das Wahljahr 2009.