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Nachtarbeit ist verboten!

 

Die Regierung berät bis 5 Uhr früh über Opel. Es geht um Milliarden. Und die Minister gähnen unaufhörlich. Sinnvoll ist das nicht!

Den letzten Blog-Eintrag habe ich neulich am späten Abend von einem netten, jungen Kollegen bekommen – und ihn gleich nachts noch online gestellt. Keine glückliche Aktion: Es gab kleine Fehler, die ich übersah; und ich vergaß, mich mit unserem Digital-Ressort abzusprechen, das auch ein Auge auf das Thema geworfen hatte. Die Folge: hämische Kommentare und ein bisschen Zoff in der Redaktion. Der Textchef schrieb mir am nächsten Morgen eine ausgeschlafene Email: „Nachtarbeit ist verboten!“

Das möchte man heute auch den Mitgliedern der Bundesregierung zurufen. Bis kurz vor fünf Uhr früh haben sie verhandelt. Der Morgen graute schon, als die Emissäre und die Politiker auseinander traten. Die Minister hatten Ringe unter den Augen, die Ministerpräsidenten wirkten noch grauer als sonst.

Selbst „der jugendhafte“ Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg, der eine Cola nach der anderen trank, „wirkte ermattet“. So beobachtete es zumindest der FAZ-Reporter. Elf Stunden verhandeln, in fast allen Sprachen Europas, das schlaucht ja auch.

Allerdings fragt man sich schon, warum das Treffen erst so spät losgegangen ist. Es ging um Milliarden, es ging um Opel. Nicht um einen falsch geschriebenen Vornamen in einem Blog-Text. Jeder Schlafforscher wird bestätigen, dass solche nächtlichen Marathonsitzungen nicht zu empfehlen sind. Dass kollektiver Schlafentzug die Konzentration und Leistungsbereitschaft hemmt.

Vermutlich sind in dieser Nacht im Kanzleramt etliche Flüchtigkeitsfehler entstanden – wegen der bleiernen Müdigkeit. Vermutlich wurden kluge Zwischenfragen irgendwann gar nicht mehr gehört, weil sich alle nur noch ihr Kissen herbeisehnten. Vermutlich dachten sie intensiver an den Sandmann als an den Sanierungsplan.

Der formale Grund für die späte Ansetzung des Treffens ist schon klar: GM ist nicht unbeteiligt an der ganzen Geschichte. Und die sitzen nun mal in Detroit, dort steht man sechs Stunden später auf als in Berlin. Allerdings hätte man die Automobilkonzernleute auch ein paar Stunden früher anklingeln können. Schließlich war das gestern vor allem ein paneuropäisches Vorsingen: von Moskau (Magna) bis Turin (Fiat).

Außerdem kam von GM ohnehin nicht viel. Sie schickten einen „drittklassigen Vertreter“ (SPON), der ständig nach Amerika telefonierte – und nichts selbst entscheiden durfte. Der aber irgendwann nachts auf einmal diktiert bekam, dass GM noch mal 300 Millionen Euro von Berlin haben will. Das hätte man auch per Email oder Fax machen können. Dafür hätte man den Rüttgers, Kochs und Guttenbergs nicht den Schlaf rauben müssen.

Denn, es ist ein Teufelskreis: Entweder kommen unsere Verhandlungsmatadore heute erst am frühen Nachmittag in ihre Ministerien und Staatskanzleien. So wie die ZEIT-Redakteure am Mittwoch ins Pressehaus, wenn die neue Ausgabe im Druck ist. Oder sie haben durchgemacht beziehungsweise: sich nach zwei, drei Stunden wieder hochgequält. Beides ist nicht gut. Es gibt ja schließlich noch andere Probleme.