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Negative Kampagnen

 

Um mit Frank-Walter Steinmeier zu sprechen: “Das war Mist.” Selbstkritik ist ja gerade modern, da wollen wir bei ZEIT ONLINE nicht hintan stehen. Richtig, dieses Blog hat 13 Tage geschwiegen. Dabei war es anders geplant. Mindestens täglich wollten wir bloggen, hyperlinken, tagen, twittern. Gute Ausreden gibt es genug, natürlich: Urlaub der einen, die Unruhen in Iran, die die anderen beschäftigten. Trotzdem: Wir geloben Besserung. Wir haben verstanden.

Womit wir wieder bei der SPD sind. Sie knabbert immer noch an der EU-Wahl. Nicht nur am miesen Ergebnis. Sondern langsam setzt sich im Willy-Brandt-Haus auch die Erkenntnis durch, dass der eigene Wahlkampf misslungen war – und dass man im September zur Bundestagswahl einiges anders machen möchte. Wir erinnern uns: Die Genossen plakatierten Fischköpfe, die aussahen wie Guido Westerwelle. Und Föhne, die vor der “heißen Luft” Linkspartei warnten.

Das war zwar eingängig, keine anderen Plakate wurden mehr diskutiert. Aber, so sagen es manche Genossen inzwischen selbst, sie brachten rein gar nichts. Im Gegenteil, während man die CDU-Poster schon beim Vorbeilaufen wieder vergessen hatte, wurde der SPD-Führung in den Zeitungen und auf Parteiveranstaltungen ihr polemischer, miesmacherischer, wenig integrativer Stil vorgehalten.

Zeit also für Konsequenzen: Der Kritik an den anderen folgt nun die Selbstkritik. Und zwar so sozialdemokratisch konsequent, dass Steinmeier den Satz “das war Mist” zum zwischenzeitlichen Programm erhoben hat. So leitet er derzeit seine Parteitagsreden und Interviews ein.

Ganz so weit sind die spanischen Sozialisten noch nicht. Auch sie haben zuletzt mehr die Schwächen der anderen, als die eigenen Stärken betont. Allerdings eine Nummer größer als unsere deutsche SPD. Angeregt offenbar von den lasziven Fotos von Silvio Berlusconis Vergnügen mit mehr oder weniger nackten Schönheiten in der El Pais, plakatierte die katalanische PSC an den Autobahnen rote Poster. Eines davon ist hier zu sehen (ein Mitbringsel aus dem Urlaub). Darauf: keine Zeichnungen, sondern die “neoliberalen” Köpfe, die die Welt vermeintlich in die Krise geführt haben. In der Mitte Berlusconi, rechts daneben Bush, zur Linken: der spanische Ex-Premier Aznar. Genutzt hat es ähnlich wenig wie in Deutschland: Die verunglimpfte Partido Popular wurde stärkste Kraft.

Zweitstimme© Michael Schlieben

Wenn man also bald aus Spanien ein reuiges „Eso era malcarado“ hört, wissen wir schon, was gemeint ist. Wir von ZEIT.ONLINE werden verständnisvoll nicken: Fehler zuzugeben ist manchmal einfacher als sie zu leugnen.