Wie lässt sich das Wahlergebnis vom Sonntag erklären, oder genauer gefragt: Wie lässt sich die historische Niederlage der SPD erklären? Zahlreiche Punkte werden derzeit diskutiert, in diesem Blog hat Andreas Wüst sehr anschaulich die beiden Kandidaten gegenübergestellt.
Aus Sicht der Wahlkampfforschung beeinflussen neben der Kandidatenfrage zwei weitere Faktoren die Wahlentscheidung: die Identifikation mit einer Partei und die ihr zugeschriebenen Kompetenzen in politischen Sachfragen. Mit sinkender Parteiidentifikation, die wir in allen etablierten Demokratien vorfinden, steigt logischerweise die Bedeutung von Themen und Kandidaten. Die folgenden Umfragedaten stellen die wahrgenommene Problemlösungskompetenz der Parteien zu bestimmten Sachfragen dar.
Parteikompetenzen April 2009
Quelle: Infratest dimap, DeutschlandTrend April 2009
Die Daten sprechen eine klare Sprache: In nahezu allen wichtigen Themenbereichen liegt die CDU/CSU im Frühjahr deutlich vor der SPD, es gibt lediglich zwei klare Ausnahmen: der arbeitnehmerfreundlichere Umgang mit der Krise wird der SPD ebenso zugeschrieben wie die Kompetenz in ihrem Kernthema, der sozialen Gerechtigkeit.
Es ist den Sozialdemokraten im Laufe des Wahlkampfes jedoch nicht gelungen, in diesen Themengebieten weiter zu punkten, geschweige denn andere Themengebiete für sich zu gewinnen. Auch leichte Verbesserungen in manchen Bereichen ändern nichts am Gesamtbild. Für eine echte, durch Themen ausgelöste Trendwende wären Gewinne in viel größeren Dimensionen vonnöten gewesen – gerade dann, wenn der eigene Kandidat gegenüber der Amtsinhaberin klar zurückliegt.
Parteikompetenzen September 2009
Quelle: Infratest dimap, DeutschlandTrend September 2009
Die Kombination von schlechten Kompetenzwerten und einem wenig überzeugenden Kandidaten kann das schwache Abschneiden der SPD also erklären – zumindest zum Teil. Wenn sich die Partei nun thematisch und auch personell neu aufstellt, zieht sie damit im Grunde die richtigen Schlüsse aus der Wahlniederlage. Allerdings ist zu bedenken, dass die Partei gerade im Wahlkampfendspurt in einigen Kompetenzbereichen noch leichte Zugewinne verbuchen konnte und auch der Spitzenkandidat zuletzt Boden auf die Kanzlerin gutmachen konnte. Ein tabula rasa könnte der SPD daher ebenso schaden wie ein „weiter so“. Dies alles spricht dafür, dass sich die Partei für die nötige Neuaufstellung Zeit nimmt und die anstehenden Entscheidungen mit Bedacht fällt.