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Quotierte Urwahlen

 

Beteiligungsverfahren sind ja derzeit in aller Munde – auch bei den Grünen: Auf den Seiten der Grünen kann man lesen,

„dass die Partei mit einer „quotierten Doppelspitze“ zur Bundestagswahl 2013 antritt. Dies bedeutet, dass mindestens eine Person dieser Doppelspitze eine Frau sein muss. … Das Verfahren zur Benennung der beiden SpitzenkandidatInnen wird in den nächsten Wochen weiter beraten. Für den Fall, dass sich mehr als zwei Personen für das Spitzenduo bewerben, ist auch eine Urabstimmung der Parteimitglieder im Gespräch.“

Man darf sicherlich auch annehmen, dass eine Lagerquotierung zwischen „Parteilinken“ und „Reformern“ (formerly known as „Fundis“ bzw. „Realos“) in der Partei als durchaus wünschenswert angesehen wird.

Wie aber lassen sich Quotierung und Urwahl sinnvoll vereinen? Was würde etwa in einer Situation passieren, in der Trittin, Roth, Künast und Özdemir kandidierten? Natürlich ist die Situation hypothetisch, da Cem Özdemir ja bereits seinen Verzicht angedeutet hat. Aber gleichwohl: Gäbe es dann zwei getrennte Urwahlen, eine für Männlein, eine für Weiblein? Was passierte in einer Situation, in der Trittin, Roth und Özdemir kandidierten? Wäre Claudia Roth dann gesetzt, während die beiden Herren sich einer Urwahl um den freien Platz stellen? Oder wäre in dieser Situation nicht eigentlich klar, dass das Spitzenduo Roth/Özdemir lauten muss, um beiden Quotenvorgaben – nach Lager und Geschlecht – überhaupt gerecht werden zu können? Statistiker würden nämlich davon sprechen, dass bei der (Aus-)Wahl und den gegebenen Vorgaben schlicht keine „Freiheitsgrade“ mehr bleiben, es gibt nur eine Lösung in diesem Fall.

Letztlich könnte die Möglichkeit einer Urwahl zur Folge haben, dass schon im Vorfeld intern ein Tableau abgestimmt wird, dass eine Urwahl überflüssig macht. Denn nur so ließ sich mitunter das Einhalten beider Quoten garantieren. Die Möglichkeit einer Urwahl macht sie selbst überflüssig quasi.

Direkt- und repräsentativdemokratische Verfahren folgen nun einmal unterschiedlichen Logiken, die mitunter in Konflikt zueinander stehen. Das heißt nicht, dass eine Form zwingend der anderen überlegen ist. Aber sie sind anders. Dessen sollte man sich bewusst sein, bei der Auswahl von Spitzenpersonal, bei der Auswahl von Bundespräsidenten, aber auch bei direkter Beteiligung der Bürger an Gesetzgebungsverfahren. Wer glaubt, man könne mal eben ein bißchen direkte Demokratie einbauen, zugleich aber alles Althergebrachte (und mitunter Geschätzte) behalten, der irrt.