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Regierungsbildung in Hessen: Warum Schwarz-Rot und Schwarz-Grün in Hessen plötzlich realistische Optionen sind

 

Der hessische Landtag gilt als eines der Landesparlamente in Deutschland, in dem die Parteien und ihrer Vertreter sich am härtesten bekämpfen und in denen daher Kompromisse, die über die Lagergrenzen hinaus gehen, eher eine Seltenheit darstellen. Eine Ursache dafür lag unter anderem in dem explizit konservativen Kurs, den die CDU seit Beginn der 1970er Jahre in diesem Bundesland gefahren ist und der durch Persönlichkeiten wie Alfred Dregger, Manfred Kanther und Roland Koch nach außen repräsentiert wurde. Vor diesem Hintergrund überrascht es, dass sich Sozialdemokraten als auch Grüne nunmehr gegenüber einer möglichen Koalitionsregierung mit der Union nach der Landtagswahl vom September 2013 durchaus offen zeigen.

Was könnte eine Ursache dafür sein? Neben der Tatsache, dass die Bildung einer großen Koalition aus CDU und SPD oder einer schwarz-grünen Koalition der einzige Weg sind, kurz- oder mittelfristig Neuwahlen zu vermeiden – es sei denn, SPD und Grüne wagen eine Kooperation mit der Linken trotz anderweitiger Aussagen im Wahlkampf –, spricht eine computergestützte quantitative Analyse der Wahlprogramme der hessischen Parteien dafür, dass die Union ihre durchaus konservative Ausrichtung zur Wahl 2013 aufgegeben hat. Unten stehende Abbildung, in der die Positionen der hessischen Parteien auf der Grundlage ihrer Wahlprogramme zu den Landtagswahlen 2009 und 2013 auf den zwei relevanten, den deutschen Parteienwettbewerb strukturierenden Politikdimensionen abgetragen sind, zeigt eine deutliche Verschiebung der Position der CDU. So haben die hessischen Christdemokraten zwar ihre moderat wirtschaftsliberale Haltung im Vergleich zu 2009 beibehalten, nahmen jedoch 2013 eine wesentlich progressivere Position in innen-, rechts- und gesellschaftspolitischen Fragen ein, die denen von SPD, FDP und auch den Grünen in Hessen überraschend nahekommt.

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Zwar ist – auf der Grundlage der hier ermittelten ideologischen Positionen der hessischen Parteien 2013 – zwar noch immer ein programmatischer „Graben“ zwischen der CDU auf der einen und SPD sowie Grünen auf der anderen Seite deutlich erkennbar. Jedoch haben sich die hessischen Christdemokraten bei der Verfassung ihres Wahlprogramms zur diesjährigen Landtagswahl offenbar einige Mühe gegeben, zumindest in gesellschaftspolitischen Fragen die inhaltlichen Distanzen zu Grünen und SPD zu minimieren. Es bleibt abzuwarten, ob sich dies positiv auf die Bildung einer Koalitionsregierung – entweder aus CDU und SPD oder aus Union und Grünen – auswirken wird.

Weiterführende Literatur:

Bräuninger, Thomas und Marc Debus (unter Mitarbeit von Jochen Müller). 2012. Parteienwettbewerb in den deutschen Bundesländern. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Debus, Marc und Jochen Müller. 2013. The programmatic development of CDU and CSU since reunification: Incentives and constraints for changing policy positions in the German multi-level system. German Politics 22, 151-171.