Marc Debus und Jochen Müller
Die Aussage des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofers nach der Unterzeichnung des Koalitionsabkommens zwischen SPD und Union am 27. November, dass er „diese große Koalition von Beginn an“ wollte, deutet auch darauf hin, dass Seehofer dem Bündnis mit der FDP nicht wirklich hinterher trauert. Generell hat der Ausgang der Bundestagswahl 2013 gezeigt, dass die Liberalen – im Gegensatz zu früheren Bundestagswahlen und auch Landtagswahlen – nicht im gewohnten Ausmaß auf Anhänger der Union zählen konnten, die ihre Zweitstimme aufgrund des Wunsches auf Fortführung der christlich-liberalen Koalition der FDP gegeben haben. Dies mag – wie auch das schlechte Abschneiden der FDP 2013 insgesamt – auch damit zusammenhängen, dass die Liberalen und ihre Repräsentanten im Laufe der Legislaturperiode von 2009 bis 2013 von den Wählern insgesamt als nicht besonders sympathisch angesehen wurden.
Betrachtet man die Sympathiewerte, die die Anhänger der Union anderen Parteien und damit auch dem 2009 explizit gewünschten Koalitionspartner FDP im Zeitverlauf zugewiesen haben, dann wird eine Ursache für den Auszug der Liberalen aus dem Bundestag deutlich. Auf der Basis der seit 1977 erhobenen Daten des Politbarometer (ZA-Nr. 2391) lassen sich die seitens der Wähler den Parteien zugewiesenen Sympathien nachzeichnen. Abbildung 1 weist die Parteisympathien von Befragten mit CDU-Parteiidentifikation von 1977 bis 2011 aus. Nicht überraschend sind CDU und CSU von Befragten mit einer subjektiv empfundenen Nähe zur Union die als am sympathischsten eingestuften Parteien. Die FDP gewinnt nach der Bonner Wende 1982 deutlich an Sympathie unter den Unionsanhängern hinzu und ist im Laufe der großen Koalition von 2005 bis 2009 den CDU/CSU-Anhängern beinahe genauso sympathisch wie die CSU. Dieses Bild wendet sich dramatisch nach der Bildung der schwarz-gelben Bundesregierung 2009: Die FDP wird von den Anhängern des eigenen Koalitionspartners im Jahr 2010 und 2011 weniger sympathisch als die Oppositionsparteien SPD und Grüne eingeschätzt. Unter der Annahme, dass die Sympathie gegenüber Parteien nicht nur das Wahlverhalten beeinflusst, sondern auch ein Indikator für die Zustimmung der jeweiligen Parteianhänger zu möglichen Koalitionen ist, so wundert auf Basis dieser Ergebnisse weder die Bildung der großen Koalition im Bund noch von Schwarz-Grün in Hessen.
Abbildung 1: Partysympathien von Befragten in Westdeutschland mit CDU/CSU-Parteiidentifikation, 1977-2011
Wie dramatisch die Lage der Liberalen ist, macht auch ein Blick auf die Entwicklung der Parteiensympathien der Befragten mit FDP-Parteiidentifikation deutlich. Bis einschließlich 2009 ist die FDP – wenn auch mit einigen Schwankungen – aus Sicht der eigenen Anhänger die klar sympathischste Partei. 2010 und damit nach der Bildung der Regierung mit CDU und CSU geht die Sympathie der FDP-Anhänger gegenüber der eigenen Partei drastisch zurück. 2011 findet sich kein Unterschied mehr in der Parteiensympathie der Anhänger der Liberalen zwischen CDU und FDP. Dies zeigt, mit welchen Problemen die FDP während der letzten Legislaturperiode zu kämpfen hatte: Die Liberalen wurden nicht nur von den Anhängern der anderen Parteien und dabei selbst von denjenigen des Koalitionspartners als immer unsympathischer eingeschätzt, sondern auch von der eigenen Kernwählerschaft. Wenn die FDP wieder auf die bundespolitische Bühne zurückkehren will, dann muss sie nicht nur programmatisch neue Ansätze entwickeln, sondern sich vor allem auch so verhalten, dass sie seitens der potentiellen Wählerschaft wieder als sympathische Partei wahrgenommen wird.
Abbildung 2: Partysympathien von Befragten in Westdeutschland mit FDP-Parteiidentifikation, 1977-2011
Referenzen:
Müller, Jochen und Marc Debus. 2014. Koalitionsoptionen und Lagerdenken aus Wählerperspektive. Eine Analyse anhand der Parteiensympathien der Bundesbürger von 1977 bis 2011. In: Sigrid Roßteutscher, Thorsten Faas und Ulrich Rosar (Hrsg.): Bürger und Wähler im Wandel der Zeit: 25 Jahre Wahl- und Einstellungsforschung in Deutschland. Wiesbaden : Springer VS (im Erscheinen).