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Die zweifelhafte Brötchentüte

 

Ernstzunehmende Bahnhöfe erkennt man daran, dass auf dem Bahnsteig eine rollbare Verkaufstheke mit Tchibo-Logo steht, wo allerlei Backwaren, vom zuckrigen Franzbrötchen bis zum fettigen Käsebrezel, effektvoll beleuchtet den vorbeihastenden hungrigen Großstädtern den Mund wässrig machen sollen. Im Winter nicht Fahrrad, sondern Bahn zu fahren, ist schon deshalb schlecht für die Figur.

Schlecht wurde mir aber auch fast, als ich mir die Tüte etwas genauer ansah, aus der ich das gerade erworbene Brezel zog. Nicht des innewohnenden Teigknotens wegen. Ich beging den Fehler, mir die auf den ersten Blick einfach nur etwas zu schrillbunt bedruckte Tüte des Tschibo-Partnerunternehmens „Lacino“ etwas genauer anzuschauen. Und verschluckte mich, sprang mir doch dieses Logo entgegen:

Ups

Ich glaube, es hakt, und zwar gleich überkreuz. Was war da passiert? Für Restbestände der Berliner Olympiabewerbung 1936 war die Tüte nicht vergilbt genug. Wohl eher ein akuter Fall von mangelndem Fingerspitzengefühl, denn political correct kann man dieses Logo irgendwie nicht nennen.

Es ist ja leider nichts Neues, dass zweitklassige Modelabels sich mit germanisierenden Logos und Namen ausstaffieren, um ihre in fernöstlichen Sweatshops zusammengetackerten Bomberjacken möglichst teuer an den doitschen Mann zu bringen. Aber werden jetzt auch Backwaren politisiert?

Natürlich nicht, beeilte sich ein Sprecher des Unternehmens zu erklären, auf die von mir empfundene Swastikosität des Signets hingewiesen. Vielmehr stelle das Logo Windmühlenflügel oder einen Wirbel dar und solle Fröhlichkeit und Dynamik verdeutlichen. Man habe sich beim Entwurf einer professionellen Agentur bedient, sei erschüttert, derlei Assoziationen hervorzurufen und wolle mit Hakenkreuzemblemen nun wirklich nichts zu tun haben.

Beruhigt kaufte ich mir am nächsten Morgen ein Franzbrötchen. Aber trotzdem. „Ich glaube nur was ich sehe nur was ich glaube nur was ich sehe“, dieser Schriftzug prangt als halbwegs intelligente Kunst am Bau am Cubix-Kino auf dem Alexanderplatz. Glaube ich, was ich sehe? Sehe ich, was ich glaube? Bin ich überempfindlich? Die Diskussion ist eröffnet.