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„Bis hierhin vielen Dank“

Liebe Leserinnen, liebe Leser. Eigentlich war dies nie ein typisches Blog. Eines, in das man einigermaßen häufig schreibt. Eines, das eine gewisse Kontinuität hat. Wer meine bisherigen Blogs kennt weiß, dass ich nur dann einen Beitrag poste, wenn ich etwas zu sagen habe oder das zumindest glaube.

Da ich zurzeit außerordentlich eingespannt bin mit einem Vollzeitjob und zwei Büchern, die geschrieben werden und in diesem Jahr noch erscheinen werden, leidet dieses Blog. Vor allem insofern, als dass in Berlin Tag für Tag so viel Berichtenswertes passiert. Und mir schlicht und einfach die Zeit fehlt, dies in einer Form zu tun, die ZEIT ONLINE angemessen ist. Daher ziehe ich jetzt hier einmal die Reißleine und mache einen Schnitt.

Für all die wunderbaren Kommentare und Zuschriften bedanke ich mich bei Ihnen. Mein Dank gilt auch dem Team von ZEIT ONLINE, das mich hier immer ohne redaktionelle Einmischung und mit jedem erdenklichen Support hat spielen lassen.

Wir lesen uns mit Sicherheit wieder. Wenn Sie wollen 🙂

Ihr JR

 

Mein Baby gehört zu mir

Gestern feierte das Musical Dirty Dancing Premiere im Theater am Potsdamer Platz. Lieblingsfarbe des Abends: natürlich pink. Lieblingsdrink: natürlich Sekt. Wirklich überrascht hat mich hingegen der hohe Männeranteil. Mein Freund und auch die meiner Freundinnen reagieren auf die Ankündigung eines „Dirty Dancing Videoabends“ ja ähnlich wie auf die Ansage „Die Wohnung braucht mal wieder einen Großputz“. Es war den Männern allerdings nicht anzusehen, ob sie unter Drogen gesetzt, mit Sexentzug bedroht oder freiwillig mitgekommen waren. Ich jedenfalls war in Begleitung einer Freundin da, mit der ich den Film schon geschätzte 500 Mal gesehen habe und die ähnlich textsicher ist wie ich. Was offenbar für die meisten Zuschauer galt: Zeilen wie „Ich habe eine Wassermelone getragen“ und „Mein Baby gehört zu mir“ wurden bejubelt.
Nach dem zweiten Sekt im Foyer versprachen meine Begleitung und ich, uns gegenseitig davon abzuhalten, auf den Sitzen zu tanzen. Dann erklommen wir den 1. Rang, der sich als 1A Platz herausstellte, denn man hat zwar einen super Blick, ist aber trotzdem so weit weg, dass die beiden Hauptdarsteller dem echten Baby und dem Original-Johnny aus dem 1987er Kinoschmachtfetzenhit täuschend ähnlich sehen. Und dann gings auch schon los, mit dem selben Schlagzeugrythmus wie im Film: bam-babamm, bam-babamm, bam-babamm. Be my Baby von The Ronettes. Auf einer transparenten Leinwand ist im Schattenriss ein schmutzig tanzendes Paar zu sehen. Gänsehaut.
Dann beginnt die Handlung – und weicht ein, zwei Szenen lang total von der im Film ab. Ich bin richtig irritiert – wie ich irritiert feststelle. Für so festgefahren hätte ich mich ja nie gehalten. Eingefleischte Fans möchte ich daher warnen: Ein bisschen Interpretationsspielraum mutet uns Eleanor Bernstein schon zu. Als wolle sie die Gelegenheit nutzen, manchen ihrer Charaktere späte Gerechtigkeit wiederfahren zu lassen. Schwester Lisa gönnen wir den jubelnden Applaus für ihre deutsche Version des „Kellerman’s Anthem“ ja durchaus und auch die Mutter darf plötzlich mehr sagen als „Halt Dich gerade, Baby.“ Aber den schnöseligen Hotelerben Neill zum Gutmenschen zu machen, der in Missisippi für die Rechte der Schwarzen demonstrieren gehen will (wir schreiben das Jahr 1963) – das führt nun wirklich zu weit. Und was hat sich die Requisite (die für ihre ansonsten akribische Arbeit ein dickes Lob verdient) nur dabei gedacht, Pennys 3-Meter-Netzstrumpfhosen-Beine in der gemeinsamen Tanzszene mit Baby durch Hot Pants zu verstümmeln? Soll das spontane Frustdiäten bei den Frauen und kollektives Sabbern der anwesenden Herren verhindern? Insgesamt ist die Bühnenadaption aber ziemlich nah am Film – und macht genauso gute Laune wie das Original. Auch ohne Mitsingen, Mittanzen und sicherlich auch ohne Sekt vorneweg. Das Bühnenbild überrascht immer wieder mit hübschen Einfällen (die Hebefiguren-Szene im See!) und die Tänzer sind bis in die letzte Nebenrolle großartig besetzt. Allen voran Baby-Darstellerin Janina Elkin, die die unbeholfenen ersten Tanzschritte noch witziger als im Film hinbekommt. Das Tüpfelchen auf dem i ist übrigens der Merchandise-Stand. Und glauben Sie mir: Ich bin normalerweise nicht anfällig für solchen Werbekrams.

Karten für Dirty Dancing im Theater am Potsdamer Platz kosten 39 bis 110 Euro.

 

Funkturm Restaurant – ein Kontrollbesuch

Gunnar Schupelius von der BZ war kürzlich im Funkturm-Restaurant Essen und hat sich danach bitterlich beschwert. Da Schupelius sich allerdings schon dann unter der biblischen Vorzeile „Mein gerechter Zorn“ beschwert, wenn er bei seinem Auto unnötig oft das Lenkrad benutzen muss oder wenn die BVG eine Haltestelle um einige Meter versetzt, war ich sofort angefixt, als ich seine Restaurantrezension las.

Gestern also Abendessen mit 6 Leuten im Funkturm-Restaurant. Die Firma Capital Catering, die das Restaurant betreibt, bewirbt für den März 2009 ein Buffet mit Südtiroler Spezialitäten. Anders als Herrn Schupelius wurde mir kein fleckiger Stuhl angeboten, sondern das Restaurant wirkte völlig gepflegt, stilvoll eingedeckt, eine insgesamt hochsolide, wenn auch nicht prätentiöse Einrichtung. Die Kellner waren außerordentlich alte Schule, wirkten auf den ersten Blick etwas „dated“, entpuppten sich aber als hochaufmerksame und – bei augenzwinkernder Behandlung – auch recht humorvolle Kerlchen.

Das Buffet ist für 22,50 (Kinder bis 12 zahlen 1 Euro pro Lebensjahr) sehr, sehr fair eingepreist. Die kalten Vorspeisen waren komplett durch die Bank einwandfrei und frisch. Der Lachs kühl und appetitlich dargeboten, der Wildschweinschinken hervorragend, das Vitello tonato konnte ohne Furcht verzehrt werden, manches (z.B. der Linsensalat oder die diversen Fische aus dem Rauch) sogar überdurchschnittlich.

Die Hauptgerichte waren okay, wenn auch nicht berühmt. Die Lammkeule insgesamt aromisch am Besten. Die Lachsforelle ein wenig übergart, ihr bekam es nicht, im selben Rechaud wie das zugehörige Wurzelgemüse aufbewahrt zu weden. Die Maultaschen schmackhaft und nicht zu weich, das Kalbsschnitzel zart aber in etwas zu mächtiger Tunke, der Tafelspitz mit Meeretich ebenfalls fehlerfrei, wenn auch nicht brilliant.

Hohe Nachtisch-Vielfalt, die Mitesser wirkten zufrieden, hierzu kann ich wenig sagen, weil ich kein Nachtischesser bin. Die Käseauswahl am Schluss war auch in bester Ordnung, einige Rohmilchkäse, einige Camembert-Variationen, dazu eine stets in Schuss und Vollzähligkeit gehaltene Brot- und Brötchenauswahl.

Wer ein wenig vom einerlei Abstand nimmt und als Digestif einen Malt Whiskey (immerhin vier stehen zur Auswahl) bestellt, erhält eine Karaffe Eiswasser dazu. Man kann hier schon, wenn man will, aber die meisten wollen nicht, damit kommen wir zum Kern:

Schupelius schreibt in seiner Rezension: „Warum gibt sich die Messe Berlin nicht alle Mühe, dieses Restaurant seiner Würde entsprechend zu betreiben.“ – würde er sich etwas besser in der Gastronomie auskennen, dann wüsste er, dass man damit das Restaurant in die Pleite triebe. Das Restaurant hat nämlich einen Nachteil: das Publikum. Man muss sich darüber im Klaren sein, dass es nur zweierlei Menschen in den Funkturm zieht: Touristen und den wirklich harten Old-School-Westberliner. Alle Menschen, die ich gestern in dem Restaurant gesehen habe, haben sich pudelwohl gefühlt. Hier hatte fast niemand Normalgewicht, fast ein jeder war auf irgendeine Art und Weise drall. Würde man diesem Publikum eine gehobene, ja Feinschmeckerküche anbieten, wäre das Restaurant in 3 Wochen leergefegt. Ein Gastronom, der hier ein Wagnis einginge, würde scheitern. Darüber muss man sich im Klaren sein.

Wer im Funkturm speist, wird in jedem Fall zuvorkommend und außerordentlich flink bedient und kann sich solide die Plauze vollschlagen. Mehr kann – und sollte! – man von einer Restauration dieser Art nicht erwarten.

 

Barcoo.de Interessantes Startup in Berlin

Heute bin ich über eine hübsche Sache gestolpert, das Startup www.barcoo.de . Man lädt sich kostenlos eine kleine Applikation aufs Handy und kann dann mit der Handykamera den Barcode eines beliebigen Produkts scannen und sofort die Ernährungsinformationen (oder andere Infos bei Non-Food-Dingen) dazu aus dem Internet bekommen – und die Information, wo im Umkreis man das Produkt am günstigsten bekommt. Gerade ausprobiert, funktioniert super. Nett!

 

Ganz schön vermessen

Das ist wirklich eine schmucke Angelegenheit: Berlin in 3D als Addon für Google-Maps. Fast eine halbe Million Gebäude wurde dafür fotografiert und mit Lasern vermessen. Bitteschön, hier entlang.

 

Ein Abend im Seoul Kwan

Waren Sie schon einmal koreanisch essen? Also RICHTIG koreanisch essen? Dann wagen Sie bitte unbedingt einen Besuch im „Seoul Kwan“, das ich derzeit (noch) als absoluten Geheimtipp bezeichnen möchte. Es sieht von außen, um es vorsichtig zu sagen, unscheinbar aus. Auch die Inneneinrichtung wirkt nicht ganz so taufrisch, wie die gerade im Aufbau befindliche Website suggerieren mag. Aber davon sollte man sich keinesfalls abschrecken lassen, denn hier gibt es hochauthentische Küche und ebensolche Stimmung.

Man betritt das Restaurant, es läuft wunderbar-trashige Asia-Pop-Musik, das Restaurant ist – obwohl es Montag Abend ist – erstaunlich gut gefüllt, und zwar wirklich ausschließlich mit asiatischen Gästen. Im Raum gibt es eine kleine Bühne mit einer gigantisch dimensionierten Karaoke-Anlage. Das Mobiliar ist einfach, ein riesengroßer Fernseher zeigt die Live-Übertragung eines koreanischen Ego-Shooter-Wettkampfs. Soviel zur Atmosphäre.

Die gebundene Speisekarte umfasst alles, was das Herz begehrt. Der Kollege, der ein Jahr in Südkorea zugebracht hat, bestellt routiniert und vokalreich eine Menge Dinge. Ich lasse mich einfach in den Sound fallen, verstanden habe ich eh nichts.

Zunächst gibt es gemischte Vorspeisen: Blattspinat, Kimchi, Seetang, Tofu, kleine panierte Fischstücke, Kohl und einiges mehr, das Gemüse ist dabei angenehm und schmackhaft leichtsäuerlich eingelegt.

Weiter gehts mit Bibimbap. Hierzu werden in einer vor Hitze knisternden, tiefen Steingutschale verschiedene Gemüse mit Reis und einem frischen Eigelb vermengt und am Tisch zu einem höchst wohlschmeckenden Durcheinander vermengt. Während wir die köstlich mit Knoblauch und Ingwer gewürzte Spezialität glücklich vertilgen, wird eine Kochplatte an unserem Tisch installiert, später bringt die Kellnerin „Bulgogi“ an den Tisch, eine Pfanne mit marinierten Rindfleischstreifen mit Sprossen. Dies wird langsam und schonend direkt an unserem Tisch gegart.

Auch hier: unglaublich lecker: Sehr frisches Fleisch, klug gewürzt und mariniert, sauber durchgegart, wir essen die Riesenpfanne komplett leer. Am Nachbartisch sitzen offenbar Freunde des Hauses, man trinkt Bier und Johnny Walker, die Stimmung ist hervorragend.

Wir beschließen das Mahl mit einem Kaffee. Hochzufrieden. Hier kann man wirklich etwas erleben und dabei wunderbar essen. Absoluter Hingehtipp.


Seoul Kwan
Schmiljanstr. 25
12161 Berlin
030 – 8526262
tgl. ab 19 Uhr.

 

Geröstet und geschüttelt

Ich trinke gerade Kaffee.

Das alleine ist noch keine Top-Meldung. Aber ich trinke einen wirklich ganz besonders köstlichen Kaffee. In meiner Nachbarschaft hat nämlich eine Kaffeerösterei eröffnet, die einen ganz vorzüglichen Kaffee röstet, und zwar vor Ort. Betritt man das Ladengeschäft in der Schmiljanstraße 13, so empfangen einen wohlige Röstaromen und ein freundlicher Mensch, der vor Ort eine gemütlich rumpumpelnde, fauchende Röstmaschine betreibt, der man beim Arbeiten zusehen kann, was in ungefähr so kontemplativ ist, wie einer Waschmaschine zuzusehe, nur dass das Ergebnis besser schmeckt. Die gerösteten Kaffees kann man vor Ort direkt probieren, man kann aber auch einfach, wie ich es tat, 200 Gramm Espresso für 2,40 Euro kaufen, dort mahlen lassen, nach Hause tragen und sich schmecken lassen. Mögen alle Bemühungen dieses Mannes frommen!


Ridders Kaffeerösterei
Schmiljanstr. 13
12161 Berlin
(030) 60508515

 

Neue Bar im Admiralspalast

Es ist kein Geheimnis, dass ich hochwertige Bars schätze und auch ein großer Verehrer der Mix- und Rührkünste von Goncalo Sousa de Monteiro bin, der von der Viktoria Bar zur Hamburger Le Lion-Bar übersiedelte, sich in der Hansestadt aber schnell langweilte und bald wieder ins quirlige Berlin zurückzog. Jetzt eröffnet er mit Tayfun Sen im Souterrain des Admiralspalasts eine eigene Bar, den Admiralsklub. Eröffnung ist am 05. Februar. Neben den bekanntermaßen elaborierten Drinks des Portugiesen wird es eine gut sortierte Absinth-Auswahl geben. Ich mag zwar keinen Absinth und empfehle statt dessen lieber einen Comte de Sureau. Den kennen Sie nicht? Ausprobieren… Sehr dringende Empfehlung.