Das neue Jahr hat in China mit einer wichtigen Nachricht begonnen: Erstmals hat die Volksrepublik die USA als weltgrößte Handelsnation überholt. Nach Angaben des amerikanischen Handelsministeriums führten die Vereinigten Staaten 2012 Waren und Dienstleistungen im Wert von 3,82 Billionen Dollar ein und aus. Chinas Im- und Exporte beliefen sich im gleichen Zeitraum auf 3,87 Billionen Dollar. Während die USA ein Handelsdefizit von mehreren Hundert Milliarden Dollar aufweist, machen die Chinesen Überschüsse: insgesamt rund 230 Milliarden Dollar.
Exportweltmeister ist China bereits seit 2009. Damals hatte die Volksrepublik Deutschland und Japan eingeholt. Doch seit einiger Zeit steigen auch die Einfuhren nach China. Seit 2007 wachsen Chinas Importe schneller als die Exporte. Erst im Januar stiegen die Einfuhren des Landes offiziellen Angaben zufolge um stattliche 28,8 Prozent, die Ausfuhren um 25 Prozent.
Vor allem die USA haben China wiederholt vorgeworfen, seine Exporte durch einen künstlich niedrigen Wert der Landeswährung, den Yuan, anzuheizen. Dieser Vorwurf sei nicht mehr aufrecht zu erhalten, sagt Nicholas Lardy vom Peterson Institute for International Economics der Nachrichtenagentur Bloomberg. „Es ist bemerkenswert, dass eine Volkswirtschaft, die nur halb so groß ist wie die der USA, ein größeres Handelsvolumen aufweist.“
Tatsächlich rückt China für viele Industrieländer immer mehr zum wichtigsten Handelspartner auf. Allein im Januar wuchs der Warenaustausch mit der EU um 10,5 Prozent auf umgerechnet 35,2 Milliarden Euro. Der Handel mit den USA verbesserte sich sogar um 23,4 Prozent. Für Südkorea ist die Volksrepublik bereits der wichtigste Exportmarkt.
Auch die Deutschen machen sich immer abhängiger von China. Zwischen Januar und November 2012 betrug der Gesamtwert deutscher Exporte nach China rund 62 Milliarden Euro. Im Gegenzug wurden aus dem Reich der Mitte für den gleichen Zeitraum Güter im Wert von 71,5 Milliarden Euro importiert. Die US-Investmentfirma Goldman Sachs geht Bloomberg zufolge davon aus, dass Deutschland bis Ende des Jahrzehnts doppelt so viel nach China exportieren wird wie ins Nachbarland Frankreich.
Dabei hat China für seine Verhältnisse ein eher schlechtes Jahr hinter sich. Die Wirtschaft ist im vergangenen Jahr um 7,8 Prozent gewachsen – so langsam wie seit 1999 nicht. Für das laufende Jahr sind Beobachter optimistisch. „Bei wachsendem Binnenkonsum und leicht zunehmender Investitionstätigkeit dürfte das BIP-Wachstum des Landes 2013 die 8-Prozentmarke wieder übersteigen“, sagt Corinne Abele, China-Expertin von Germany Trade & Invest in Berlin.
Trotz der schneller steigenden Importzahlen bleibe China derzeit jedoch eine Exportnation, betont Abele. „Eine mögliche Ausweitung der Euro-Krise und ein globaler Konjunkturabschwung würden sich umgehend auch auf die Gesamtwirtschaft des Landes auswirken.“