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Chinas Luxusbranche vor harten Zeiten

 

Die Antikorruptionskampagne der chinesischen Führung scheint noch nicht bei allen Funktionären angekommen zu sein. Nur so ist zu erklären, dass der Parteisekretär eines Industriegebiets in der ostchinesischen Stadt Taizhou vergangenes Wochenende wagte, in einem Luxusrestaurant ein üppiges Bankett abzuhalten, wie sie bis vor Kurzem noch im ganzen Land üblich waren. Zu essen gab es Haifischflossensuppe, Hummer und Abalone. Dazu wurden Edelzigaretten und überteuerter Maotai-Schnaps gereicht.

Doch der Parteisekretär wurde verpfiffen. Whistleblower fotografierten das Gelage mit ihren Smartphones und stellten die Fotos sofort ins Internet. Binnen kurzer Zeit versammelte sich vor dem Lokal eine wütende Menschenmenge. Der Parteisekretär musste knieend um Erbarmen bitten, bevor man ihn gehen ließ. Inzwischen ist er entlassen.

Korrupte Beamte und Parteisekretäre zu überführen, ist für Internetaktivisten zum wahren Volkssport geworden, seit Chinas neues Staatsoberhaupt Xi Jinping höchstpersönlich der ausufernden Korruption den Kampf angesagt hat. Ein verrutschter Hemdsärmel, der die Rolex am Arm des Polizeikommissars zum Vorschein bringt, reicht: Schon ist er abgelichtet, und das Foto steht im Netz.

Das hat nun Folgen für die Luxusindustrie.

Aus dem Umfeld des Swatch-Konzerns ist zu hören, dass der Umsatz der Luxusmarke Omega in China im ersten Quartal 2013 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um rund acht Prozent gesunken sei. Auch bei Rado gebe es Verkaufseinbrüche. Das Unternehmen will die Zahlen offiziell nicht bestätigen. Verkaufszahlen nach Ländern und Marken würden nicht „kommuniziert“, heißt es.

Dem Swatch-Konzern gehören 19 Uhrenmarken, darunter die Premiummarken Breguet, Rado und Omega, aber auch Marken im mittleren Segment wie Tissot und Longines. Noch im vergangenen Jahr war der Gewinn des größten Uhrenherstellers der Welt um 26 Prozent auf den Rekordwert von 1,3 Milliarden Euro gewachsen. Knapp ein Drittel des Umsatzes erwirtschaftete das Schweizer Unternehmen in China.

Doch nun berichten Uhrenhändler im ganzen Land von Verkaufseinbrüchen im oberen Preissegment. Stets wird als Grund die Antikorruptionskampagne des neuen chinesischen Staats- und Parteichefs Xi Jinping genannt. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit hatte er Beamte und Parteisekretäre zu mehr Bescheidenheit verdonnert. „Extravaganz, Luxus und Pomp haben in China nichts mehr verloren.“

Die gesamte Luxusindustrie ist von dieser Kampagne betroffen. Regierungsangehörige sind bereits seit vergangenem Sommer angehalten, keine Luxusprodukte mehr zu kaufen. Untersagt sind ihnen zudem ausladende Bankette und die Unterkunft in teuren Hotels. Der Maotai-Konsum ist drastisch zurückgegangen. Auch mit Luxuskarossen soll es für Staatsbedienstete schon bald vorbei sein.

Doch kaum eine Branche trifft es so hart wie die der Uhren. Sie waren in den vergangenen Jahren in China beliebte Bestechungsgeschenke. Kunden kauften sie in den Geschäften oft nicht einzeln, sondern gleich in hoher Stückzahl. Zugleich wusste jeder, dass sich ein Beamter mit seinem üblichen Gehalt Uhren im Wert von 50.000 Euro und aufwärts nicht leisten kann. Dennoch liefen viele Staatsbedienstete mit einem solchen Prunkstück am Arm herum.

Dieser Praxis will Chinas neues Staatsoberhaupt nun ein Ende setzen. Und Xi meine es Ernst, zeigt sich Rupert Hoogewerf überzeugt. Er ist Verfasser des alljährlichen Hurun Report, einer Auflistung der reichsten Chinesen. Er geht davon aus, dass der Markt für Bestechungsgeschenke am Ende ist und empfiehlt der Branche, auf eine völlig neue Produktpalette zu setzen.

Wie aus dem Umkreis des Swatch-Konzerns zu hören ist, passiert genau das auch schon. So bietet der Schweizer Uhrenriese Händlern an, teure Rado-Uhren einzutauschen gegen neue Modelle, die sehr viel günstiger sind. Zudem will Swatch in China verstärkt auf Tissot und Longines setzen, Marken aus seinem mittleren Preissegment. Dieser Markt boome in der Volksrepublik auch weiterhin, heißt es.

Selbst die chinesischen Uhrenhändler reagieren auf die veränderten Marktbedingungen. So hat ein Händler in der Innenstadt von Suzhou bereits sämtliche Rolex-Schilder aus dem Schaufenster entfernt. Das sei nicht mehr die Marke, für die er mit seinem Geschäft stehen wolle, erklärt er.