Wladimir Putins gigantischer Gasdeal mit China hat weltweit Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Und in der Tat hat es das Lieferabkommen in sich: Rund 38 Milliarden Kubikmeter Gas wollen die Russen den Chinesen ab 2018 jährlich liefern. Das entspricht in etwa Russlands derzeitigen Lieferungen nach Deutschland, was zunächst nicht spektakulär klingt. Doch das ist erst der Anfang: Sind die Pipelines und Pumpstationen erst einmal errichtet und weitere Erdgasfelder in der Nähe zur chinesischen Grenze erschlossen, kann sich das Volumen schnell verdoppeln.
Mit diesem Abkommen verringert Russland seine Abhängigkeit von Europa. China wiederum wird künftig seinen Blick sehr viel stärker auf Russland und die bislang noch unerschlossenen Rohstoffgebiete im Osten Sibiriens richten. Auch wenn viele Beobachter den von mancher Seite bereits beschworenen neuen Ostblock für überzogen halten – wirtschaftlich werden die beiden Länder erheblich näher rücken.
Von den westlichen Medien weitgehend unbeachtet haben Russland und China beim Besuch des russischen Staatspräsidenten am vergangenen Dienstag und Mittwoch ein weiteres Abkommen beschlossen, das potentiell noch viel weitreichendere Auswirkungen auf das Weltgefüge haben könnte.49 Wirtschaftsabkommen haben Putin und sein chinesischer Amtskollege Xi Jinping unterzeichnet. In einem davon haben sie sich auch darauf geeinigt, künftig sämtliche Geschäfte im chinesisch-russischen Handel direkt in Rubel und Yuan abzuwickeln. Das bedeutet, dass der US-Dollar im bilateralen Warenaustausch als Handelswährung nicht mehr benötigt wird. Dieses Abkommen hat das Potenzial, den Dollar als weltweite Leitwährung vom Thron zu stoßen. Noch spielt der im weltweiten Rohstoffhandel die führende Rolle. Sämtliche Preise werden in der US-Währung berechnet – auch wenn zwischen China und Russland gehandelt wird.
Lange Zeit wurden auch konventionelle chinesische Waren, die nach Russland geliefert wurden, in Dollar berechnet und ausgezahlt. Die Chinesen zeigten wenig Vertrauen in den Rubel, die Russen wiederum wollten keinen chinesischen Yuan mit nach Hause nehmen. Das hat sich geändert: Auf dem Pelzmarkt in Peking etwa, auf dem Chinesen und Russen um Pelzmäntel, Kaviar und andere Textilien feilschen, werden die Preise schon länger nicht mehr umständlich in die US-Währung umgerechnet. Die umliegenden Banken nehmen selbstverständlich Rubel an. Die Russen wiederum wissen angesichts der Fülle an Waren aus China bestens, die eingenommenen Yuan auch wieder auszugeben.
Die chinesische Führung arbeitet bereits seit einigen Jahren darauf hin, die eigene Devise nicht nur international handelbar zu machen, sondern überhaupt zu einer der großen Währungen im internationalen Handel aufzubauen. In den Ländern Zentralasiens, die China bereits als seine „neue Seidenstraße“ bezeichnet, hat der Yuan als Handelswährung bereits stark an Bedeutung gewonnen. Auch mit einigen Erdöl exportierenden Ländern im arabischen Raum und mit einer Reihe von anderen Schwellenländern in Südostasien hat die Volksrepublik Abkommen geschlossen, wonach künftig direkt in Yuan gehandelt werden soll. Schon ist nicht mehr nur vom „Petro-Dollar“ die Rede, sondern auch vom „Petro-Yuan“.
Diese Entwicklung ist bereits im vollen Gange. Geschwächt wurde der Dollar davon aber noch nicht merklich. Der Anteil des weltweiten Handels in Yuan lag im März bei 1,62 Prozent. Auch wenn sich dieser Wert binnen eines Jahres mehr als verdoppeln konnte – mit einem Anteil von 40 Prozent wird der Handel weiterhin eindeutig vom Dollar dominiert.
Am Freitag hat Russlands Energieminister Alexander Novak am Rande des Internationalen Wirtschaftsforums in Sankt Petersburg zwar angekündigt, dass die russischen Gaslieferungen nach China in Dollar abgerechnet werden. Die chinesische Seite wünscht sich aber eine Umstellung in Yuan. Sollte sich die chinesische Seite durchsetzen, dürfte sich der Yuan-Anteil im Welthandel auf einen Schlag deutlich vergrößern.