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Chinesische Autos werden zu Ladenhütern

 

Wie stark sich China mittlerweile entwickelt hat, lässt sich am besten auf dem Automobilmarkt ablesen. Für die großen Autokonzerne der Welt war China in der Vergangenheit immer ein Markt mit sehr guten Wachstumsperspektiven. Bislang.

Im September ist die Zahl der Autoverkäufe nur um 2,5 Prozent gestiegen, wie der chinesische Autoverband (CAAM) am Montag mitteilte. Das ist für chinesische Verhältnisse wenig. Im Jahr zuvor lag das Absatzplus noch bei über 20 Prozent.

Der September ist in China normalerweise ein starker Monat für die Autokonzerne. Kurz vor den freien Tagen rund um den Nationalfeiertag am 1. Oktober ist das Interesse an Neukäufen besonders groß. Viele Chinesen wollen die Feiertage für einen Ausflug mit einem neuen Gefährt nutzen. Doch stattdessen war das Wachstum so niedrig wie seit anderthalb Jahren nicht.

Damals hatte die chinesische Führung eine Reihe von neuen Regeln eingeführt. Die Zahl der neu zugelassenen Autos in Großstädten sollte angesichts der hohen Luftverschmutzung und der vielen Staus reduziert werden. Der Absatz brach daraufhin ein, erholte sich aber relativ rasch wieder. Ihr Ziel konnte die Regierung nicht erreichen.

Die jetzige Wachstumsschwäche dürfte länger andauern. Denn tatsächlich gibt es auf dem größten Automarkt der Welt Anzeichen einer Übersättigung. Vor allem in Städten mit fünf Millionen Einwohnern und weniger – die bis vor Kurzem noch erfolgversprechende Märkte waren – gehen die Verkaufszahlen nach einem Bericht des Wall Street Journal zurück. Nach Angaben des chinesischen Autohändlerverbands stand ein Neuwagen zuletzt im Schnitt 45 Tage unverkauft im Autohaus. Vor einem Jahr waren es noch 36 Tage. Vor allem chinesische Automarken entpuppen sich als Ladenhüter. Viele chinesische Autofirmen beklagen Überkapazitäten.

Davon sind die deutschen Autobauer zwar noch weit entfernt. Sie verzeichnen weiter hohe Wachstumsraten. Allein Volkswagen hat nach eigenen Angaben in den ersten neun Monaten des Jahres seinen Absatz um 15,2 Prozent (im Vergleich zum Vorjahr) auf über 2,7 Millionen Fahrzeuge gesteigert. VWs Marktanteil in China wuchs auf rund 16 Prozent.

Doch genau der hohe Marktanteil könnte für ausländische Autokonzerne zum Problem werden. Die chinesische Führung hatte viele internationale Autounternehmen nur ins Land gelassen, um den chinesischen Herstellern technologisch auf die Sprünge zu helfen. In kaum einer anderen Branche müssen ausländische Unternehmen in Form von sogenannten Joint Ventures so eng mit chinesischen Firmen kooperieren wie in der Autoindustrie.

Diese Taktik ist aber nur zum Teil aufgegangen. Obwohl viele chinesische Automarken technisch aufgeholt haben und noch dazu deutlich günstiger als die ausländische Konkurrenz sind, sinkt seit einiger Zeit der Marktanteil auf dem Heimatmarkt. Er liegt derzeit bei nur noch 37,6 Prozent und damit um rund 2,5 Prozent niedriger als im Vorjahreszeitraum.

Die mächtige Nationale Planungs- und Regulierungsbehörde (NDRC) hat auch deshalb in den Sommermonaten eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet, die den Wettbewerbsvorsprung ausländischer Autobauer schmälern sollen. Angebliche Verstöße gegen das chinesische Wettbewerbsrecht werden verstärkt geahndet. Audi wurde wegen „unerlaubter Preisabsprachen“ bereits zur Kasse gebeten.