China hat sich in den vergangenen zwei Wochen nicht lumpen lassen. Rund 50 Milliarden Dollar stellt die chinesische Führung für die Gründung der von ihr initiierten Asiatischen Infrastruktur-Investment-Bank (AIIB) zur Verfügung. Die neue Entwicklungsbank soll den Bau von Häfen, Schienen und Stromleitungen in ganz Asien finanzieren und tritt damit in Konkurrenz zur existierenden Asien-Entwicklungsbank (ADB), die bisher maßgeblich von Japan und den USA finanziert wird. Weitere 40 Milliarden Dollar vergibt sie für den Bau einer sogenannten neuen Seidenstraße, die die historische Handelsroute zwischen der Volksrepublik über Zentralasien bis nach Europa wiederbeleben soll.
Und auch in Afrika investiert China kräftig. Der staatliche Eisenbahnkonzern CRCC (China Railway Construction Corporation) hat am Donnerstag den Zuschlag für den Bau einer 1.400 Kilometer langen Schienenstrecke in Nigeria erhalten. Die Anschubfinanzierung des Auftrages im Gesamtwert von insgesamt knapp zwölf Milliarden Dollar wird von China getragen. Es handelt sich um den bislang größten, jemals von einem chinesischen Unternehmen im Ausland abgeschlossenen Auftrag.
Vor allem die USA und Japan sehen darin ein Zeichen, dass China versucht, seinen weltweiten politischen Einfluss auszubauen. Daran ist sicherlich etwas dran. Für die chinesische Führung haben diese großzügigen Investitionen in erster Linie aber einen ganz anderen Grund: Sie weiß nicht wohin mit ihrem vielen Geld.
Mit über vier Billionen Dollar hortet China die größten Devisenreserven der Welt. Sie haben sich in den vergangenen zehn Jahren mehr als vervierfacht und spiegeln den enormen Außenhandelsüberschuss der inzwischen zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt wieder. Weil die chinesische Währung nach wie vor nicht frei gehandelt wird, landen die Dollar-, Euro- und Yen-Erlöse der chinesischen Firmen im Ausland zum größten Teil auf Konten der Zentralbank, die wiederum zu einem von ihr festgelegten Kurs chinesische Yuan vergibt. Auf diese Weise hat sie diesen gigantischen Devisenschatz aufgebaut. Das Problem dabei: Im Inland kann dieses Geld nicht ohne weiteres ausgegeben werden.
Über die genaue Zusammensetzung dieses Devisenschatzes schweigt sich die chinesische Zentralbank offiziell zwar aus. Allerdings wird vermutet, dass zwischen 65 und 80 Prozent in US-Staatsanleihen steckt. Mehrfach hatte die Zentralbank in den vergangenen Jahren angekündigt, dass sie diesen Währungsschatz umschichten will – zumal die Zinserträge für US-Staatsanleihen in den vergangenen Jahren bei mageren zwei bis drei Prozent lagen.
Genau das geschieht nun. So hat Chinas Staatspräsident auf dem Gipfel der asiatisch-pazifischen Staaten (Apec) vergangene Woche in Peking angekündigt, dass die Volksrepublik in den nächsten zehn Jahren mehr als 1,25 Billionen Dollar im Ausland investieren werde. Das würde eine Verdreifachung der bisherigen Auslandsinvestitionen bedeuten.
China wird zum größten Geldgeber in Asien
Schon im Laufe des nächsten Jahres rechnen Analysten damit, dass China mehr investieren wird als Japan, die bisherige Nummer zwei auf der Welt bei den Auslandsinvestitionen. China werde damit der größte Geldgeber in Asien, vermutet Tom Miller, Analyst bei der privaten Wirtschaftsforschungsgesellschaft Dragonomics.
Der Investitionsbedarf in Asien ist groß: Selbst die von Japan dominierte Asien-Entwicklungsbank geht davon aus, dass die sich noch entwickelnden südost- und zentralasiatischen Ländern allein bis 2020 mindestens 800 Milliarden Dollar benötigen, um zumindest die notwendigsten Infrastrukturmaßnahmen zu finanzieren. China hat in der Vergangenheit mehrfach die Weltbank und die Asien-Entwicklungsbank dazu aufgefordert, das Geld zur Verfügung zu stellen. Doch in der Weltbank haben die westlichen Industriestaaten das Sagen. Und sie zeigten daran wenig Interesse.
Mit dem Aufbau der AIIB nimmt Peking die Sache nun selbst in die Hand – und stößt auf sehr viel Zustimmung. Selbst Australien, Südkorea und Indonesien zeigen sich aufgeschlossen und wollen sich an dieser Bank beteiligen – sehr zum Unwillen der USA und Japan.
Für China rechnen sich diese Investitionen. Selbst bei konservativen Annahmen wird der Bau von Autobahnen und Hochgeschwindigkeitsstrecken über Mautgebühren und Ticketpreise in den nächsten zwei Jahrzehnten mindestens fünf Prozent Rendite im Jahr abwerfen – doppelt so viel wie US-Staatsanleihen. Da China nicht nur bereit ist, die Finanzierung sondern auch einen Großteil der Technik und Arbeiter mitzuliefern, dürften diese Investitionen auch Chinas eigene Realwirtschaft ankurbeln.
Die chinesische Führung hatte schon einmal versucht, seine gewaltigen Devisenreserven umzuschichten und einen Teil davon gewinnbringend anzulegen. Für diesen Zweck hob sie 2007 den Staatsfonds CIC (China Investment Corporation) aus der Taufe. Doch China hatte wenig Glück. 2008 brach die Weltfinanzkrise aus und brachte dem damals rund 300 Milliarden Dollar schweren Fonds einen Verlust von mehr als zehn Prozent ein.
Straßen- und Schienenbau in Asien und Afrika versprechen nun mehr Erfolg.