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Stadt der Zukunft: Mehr Platz für Menschen

 

Städte in Bewegung from AGFS NRW on Vimeo.

Lange Zeit wurden Städte und Straßen mit dem Fokus aufs Autofahren geplant. Fußgänger und Radfahrer erhielten den Platz, der noch übrig war. Häufig war dieser Restplatz wenig attraktiv, so dass sich Menschen dort ungern aufhalten. Um das zu ändern, muss die Stadt mit ihren Wegen neu gedacht werden. Wie die Stadt der Zukunft aussehen kann, zeigt die Arbeitsgemeinschaft fußgänger- und fahrradfreundlicher Städte, Gemeinden und Kreise in NRW (AGFS) in ihrem neuen, oben stehenden Video.

Die dort dargestellten breiten Rad- und Fußwege wirken für deutsche Verhältnisse immer noch visionär. Im Fahrradland Niederlande und in Kopenhagen sind sie bereits Alltag. Doch obwohl viele deutsche Städte Probleme mit Stau und Luftverschmutzung haben, werden erfolgreiche Vorzeigeprojekte aus den Nachbarländern eher halbherzig umgesetzt.

Dabei zeigt sich überall auf der Welt, dass Menschen, sobald sie die Gelegenheit dazu haben und sich sicher fühlen, gerne aufs Rad umsteigen. Selbst autofreundliche Weltmetropolen wie New York oder Rio de Janeiro holen sich inzwischen Tipps und Anregungen aus den führenden Radfahrerstädten Europas. Sie wollen ihre Städte wieder lebenswerter gestalten und den Menschen den Aufenthalt und auch das Radfahren wieder schmackhaft machen. Oft aus einem pragmatischen Grund: In vielen der Metropolen kommt man inzwischen mit dem Fahrrad schneller voran als mit dem Auto.

Dabei zeigt sich immer wieder: Das Umstrukturieren geht nicht ohne Protest. 2009 wurden in New York einzelne Bereiche des Times Square für den Autoverkehr gesperrt und probeweise in eine Fußgängerzone umgewandelt. Wie überall auf der Welt waren die Geschäftsleute und Taxifahrer besorgt. Sie befürchteten, dass sich die Fußgängerzone schlecht auf ihren Umsatz auswirkt. Tatsächlich geschah laut Janette Sadik-Khan, der ehemaligen Verkehrsbeauftragten New Yorks, das Gegenteil: Statt Umsatzeinbußen machten die Geschäftsleute mehr Gewinn.

Insgesamt war die Resonanz der New Yorker auf die Sperrung so gut, dass die Fußgängerzone am Times Square blieb. Anschließend wurden weitere neue Plätze und Fußgängerzonen in der ganzen Stadt geschaffen.

Die Umgestaltung an sich war keine große Sache: Die Straße wurde gesperrt, und die Stadt stellte einfache Gartenstühle und Tische auf die Straße. Statt in Studien zu erforschen, ob ihre Idee Substanz hat, probierten die Verantwortlichen ihren Plan einfach aus. Bei einem Reinfall hätte die neue Infrastruktur zeitnah und ohne große Kosten wieder beseitigt werden können.

Hinter einem derartigen Eingriff in den Straßenverkehr steckt in der Regel ein einflussreicher Politiker. In New York war es der Bürgermeister Michael Bloomberg. Sein Projekt war, New York umweltfreundlicher zu gestalten. Dazu hat er plaNYC ins Leben gerufen, einen ehrgeizigen Umweltplan, der auch die Verkehrsplanung einbezieht. Allein während seiner Amtszeit wurden laut Angaben von plaNYC etwa 600 Kilometer Fahrradwege angelegt, 800.000 Bäume neu gepflanzt und der CO2-Ausstoß um 19 Prozent gesenkt.

Interessant ist das Fazit, das Janette Sadik-Khan in dem unten stehenden Video zieht. Es sei möglich, Straßen ohne enorme Kosten schnell so zu verändern, dass es sofort Vorteile bringe. Dazu braucht es ihrer Meinung nach auch Phantasie: „Sie müssen sich unsere Straßen neu vorstellen“, sagt sie, „sie führen ein Schattendasein.“

In Deutschland hat die AGFS ehrgeizige Pläne. Sie will die Straßen umgestalten, um den Fuß- und Radanteil in den Städten auf 60 Prozent zu erhöhen. Radschnellwege wie die geplante 40 Kilometer lange Route in Rhede sind wichtige Projekte für Pendler und den Lastenverkehr auf zwei Rädern. Aber entscheidend für die Verkehrsinfrastruktur der Zukunft werden die Diskussionen in den Städten sein, wenn beispielsweise Parkraum Fuß- und Radwegen weichen muss. Hier sind einflussreiche Politiker mit einem Plan gefragt, die mit Phantasie den Anwohnern zeigen können, dass Verkehr und menschenfreundliche Flächenverteilung  in den Städten funktionieren kann.