Mode aus Biobaumwolle ist zu teuer? Wer das denkt, war lange nicht mehr bei C&A – und ja, ich gehöre auch dazu. Der Modekonzern hat sich der Biobaumwolle verschrieben und verkauft Textilien aus Biofasern zum gleichen Preis wie aus konventionellem Anbau. Inzwischen ist C&A der weltweit größte Einkäufer von Biobaumwolle und Anbieter von „Bioklamotten“. Wer hätte das gedacht. Der Biobaumwoll-Anteil an der gesamten Kollektion liegt bei 38 Prozent. Spätestens im Jahr 2020 will C&A komplett auf Biobaumwolle umstellen. Schließlich können Landwirte ihr Saatgut selbst produzieren, müssen keine Kredite aufnehmen, benötigen keinen Kunstdünger und erzielen auf den Märkten im Schnitt dank Prämienzahlungen höhere Preise. Auch die Böden profitieren, weil sie weniger ausgelaugt werden.
Alles wunderbar? Mitnichten, wenn man C&A glaubt. 2012 hat das Unternehmen seine Nachfrage um 78 Prozent gesteigert. Jetzt warnt das Unternehmen vor Lieferengpässen: Das Angebot von Biobaumwolle könne die Nachfrage nicht mehr decken. Allein in 2012 (aktuellere Zahlen sind noch nicht verfügbar) ging laut Textil Exchange das weltweite Biobaumwollangebot um acht Prozent zurück, während die Nachfrage weiter gestiegen ist. Landwirte, die umstellen wollen, brauchen einen langen Atem: Mindestens drei Jahre dauert es, bis ein Betrieb von konventionell auf Bio umgestellt hat. Gerade der richtige Umgang mit Dünger und die besten Anbaumethoden zu lernen ist anspruchsvoll und dauert Jahre. Viele Bauern scheuen genau diesen Aufwand.
Syrien fällt als Bio-Produzent weg
Die Knappheit hat viele Gründe. Syrien ist beispielsweise als wichtiger Lieferant aufgrund des Bürgerkriegs weggefallen. Zu Hochzeiten produzierte das Land jährlich rund 20.000 Tonnen Biobaumwolle, jetzt exportiert es überhaupt keine Biobaumwolle mehr. Dazukommen Dürren in den USA, gerade die Baumwollhochburg Texas ist von Ernteausfällen schwer getroffen.
Der wichtigste Player aber ist Indien, das inzwischen 74 Prozent der weltweiten Biobaumwolle bereitstellt. Das Land beliefert die Modekonzerne dieser Welt – doch am liebsten mit Gentechnik-Baumwolle. Der Anteil gentechnisch veränderter Baumwolle steigt dort seit Jahren, inzwischen liegt er laut Datenbank transGEN bei 92 Prozent. Das indische Textil-Fachmagazin Tecoya Trend schreibt, dass man bei der Biobaumwolle allein bis zum kommenden Jahr in Indien mit einem ein Mengeneinbruch von 50 Prozent rechne.
„Die Situation in Indien ist sehr wackelig, vor allem der Zugang zu gutem, gentechnikfreiem Saatgut ist kritisch“, warnte bereits Liesl Truscott von Textil Exchange im vergangenen Frühjahr. Das Problem ist nicht nur die Versorgung mit Saatgut, sondern eben auch die Verunreinigung von Biofeldern mit gentechnisch verändertem Material. „Das ist ein großes Risiko“, betont auch C&A. Biobauern trafen sich daher erst vergangene Woche in Indien und gründeten – mit Unterstützung von C&A – ein Gremium, dass unter indischen Bauern für die Umstellung auf Bio werben soll und an der Verbesserung von gentechnikfreiem Baumwollsaatgut. Da gibt’s noch genügend Potenzial nach oben: Biobaumwolle kommt bislang nur auf einen Marktanteil von gerade einmal ein Prozent.
Kirsten Brodde, eine Ökomode-Expertin und gern gesehene Mitautorin hier im Blog, ist sich nicht so sicher, wie clever die C&A-Warnung vor Lieferengpässen war. Wieder würde der Eindruck erweckt, dass Bio nicht aus der Nische käme und zu wenig Ertrag erwirtschafte. Das könnte die aktuellen Biobauern demotivieren.
Ich halte mal diese Statistik entgegen, die Roland Stelzner von der Biobaumwollmarke Cotonea in Eigenarbeit und etwas provisorisch erstellt hat.
In welchem Land erwirtschaften Baumwollbauern die höchsten Erträge je Hektar? Und siehe da: Biobaumwollbauern halten locker mit konventionellen Bauern mit. Die kleinen lokalen Biobaumwoll-Initiativen in Kirgistan und Uganda kommen fast auf einen ähnlichen Output wie die konventionellen Baumwollbauern in hochindustrialisierten Landwirtschaften wie Australien und übertrumpfen sogar die Türkei und China.