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Flüchtlinge

Kein Sozialismus

 

Die Stadt Hamburg kann jetzt Lagerhallen für die Unterbringung von Flüchtlingen beschlagnahmen. Das ist keine linke Zwangspolitik, sondern ein Zeichen größter Not.

Auch für Lagerhallen gibt es Makler. Mehrere von ihnen haben sich in den vergangenen Wochen die dringenden Bitten der Stadt Hamburg angehört, eine leer stehende Halle für Flüchtlinge anmieten zu dürfen. Sie haben diese Not an die Hallenbesitzer weitergegeben. Und dann freundlich deren Antwort übermittelt: null Interesse.

Manche Besitzer wollen ihre leere Halle prinzipiell nicht für Flüchtlinge öffnen. Manche wollen mehr Geld herausschinden, indem sie die Gespräche quälend in die Länge ziehen. Andere leben im Ausland und scheren sich nicht um die Sorgen der Stadt.

In normalen Zeiten würde man sagen: Sollen sie ihre Hallen doch leer stehen lassen. Nur sind es keine normalen Zeiten. Es sind Zeiten, in denen Tausende Flüchtlinge in Zelten hausen, in denen täglich mehr als 400 Menschen neu in Hamburg ankommen, und in denen die Temperaturen nachts schon einstellig sind. Es geht darum, ob bald Flüchtlinge auf Hamburgs Straßen erfrieren oder nicht.

Dass die Hamburger Bürgerschaft jetzt innerhalb weniger Tage ein Gesetz verabschiedet hat, um leer stehende Hallen „sicherstellen“ zu dürfen, also Flüchtlinge auch gegen den Willen des Besitzers dort einzuquartieren, ist daher kein Akt von Sozialismus. Es ist eine Art Notwehr gegen gierige Spekulanten, wie es zum Glück nur wenige Hallenbesitzer sind. Es ist – für die Vernünftigeren – ein Anreiz, sich ohne lange Feilscherei mit der Stadt zu einigen und trotzdem Geld zu verdienen. Denn das neue Gesetz sieht vor, dass die Besitzer mit der ortsüblichen Miete entschädigt werden. Von einer dauerhaften Enteignung kann keine Rede sein. Das Gesetz ist bis März 2017 befristet.

Es ist in erster Linie ein Zeichen der Verzweiflung. Dafür, dass die Stadt mit normalen Methoden die Lage nicht mehr beherrschen kann. Wer das als Erpressung empfindet, kann dagegen vor Gericht ziehen. Er sollte jedoch eine gute Begründung haben, warum seine Halle im Winter leer stehen muss.

Übrigens liegt auch die FDP daneben, wenn sie den Eindruck erweckt, die Stadt könne doch erst einmal die freiwilligen Angebote von Bürgern abarbeiten. In der jetzigen Situation reicht es nicht mehr, ein paar Schlafplätze hier und ein Dutzend Plätze dort zu schaffen. Nötig sind Hunderte Plätze – jeden Tag. Ohne Hallen geht es nicht. Und keiner weiß, wie groß die Not noch wird.