Wegen anderer Nachrichten wird eine Tat nicht genügend wahrgenommen, die womöglich gravierende Folgen haben wird: Das abscheuliche Massaker an einer Familie israelischer Siedler im Westjordanland. Das Ehepaar Fogel und drei ihrer Kinder wurden vor wenigen Tagen in der Siedlung Itamar auf grausame Weise ermordet. Einem drei Monate alten Baby wurde die Kehle durchgeschnitten.
Es gibt unbestätigte Angaben, dass sich die Al-Aksa-Märtyerbrigaden zu den Morden bekannt hätten. In Rafah (Gaza) wurden Süßigkeiten verteilt, um die Tat zu feiern. Der Palästinensische Premierminister Salam Fajad hingegen verurteilte die Tat.
Die israelische Regierung hat sich entschlossen, die grausigen Bilder der Opfer zu veröffentlichen – um zu zeigen, mit welcher Art von Feind es Israel zu tun hat. Kurz nach dem Bekanntwerden der Tat verkündete die Regierung, man werde 400 neue Wohnungen im Westjordanland genehmigen. Damit wird der Siedlungsbau regierungsamtlich zu einer Art Vergeltungsaktion deklariert – eine verhängnisvolle Eskalation als Antwort auf eine Eskalation der anderen Seite. Denn die Siedler rücken so noch mehr in den Fokus des Krieges.
Die Täter verfolgen, sie stellen und sie einer gerechten Strafe zuführen – das wäre die richtige Reaktion. Warum aber deren Hasspropaganda – dass Siedler keine Zivilisten sind und selbst Kinder darum getötet werden dürfen – entgegenkommen, indem man Siedlungsbau als Antwort auf ein Massaker weitertreibt? Unterminiert man damit nicht die eigene Position?
Aber jenseits jeder Debatte über die israelische Politik muss man sich diese Tat vor Augen halten: Sie ist in ihrer Bestialität in der Tat so erschreckend, dass sich ein Abgrund öffnet. Ein Familie, im Schlaf abgeschlachtet. Das hat etwas von Ritualmord. Die Kombination der Bilder von den in ihrem Blut liegenden Fogels mit denen von den Süßigkeitenverteilern in Rafah wird nicht ohne Wirkung auf die israelische Psyche bleiben.
Palästinenserpräsident Abbas scheint das zu sehen, wenn er heute den Mord von Itamar „ekelhaft, unmoralisch und unmenschlich“ nennt. Aber ob er mit seinen Worten noch jemand erreicht? Die Bilder könnten stärker sein. Es hat erst mehrere Tage mit Aufforderungen aus Israel gebraucht, bis Abbas diese Worte fand.