Die Nachricht vom Tod bin Ladens passt in den arabischen Frühling. Al-Kaida hatte seit Monaten Schwierigkeiten, die arabischen Revolten für sich zu vereinnahmen.
Zwar ist es sehr im Sinn des Netzwerks, die Autokraten stürzen zu sehen, die mit dem Antiterrorkrieg kooperiert haben. Auch dass die Herrscherhäuser wanken, die die Kriege der Amerikaner gegen Saddam Hussain gestützt und „ungläubige Truppen“ auf heiligem Boden geduldet haben, kommt Al-Kaida entgegen.
Doch der Wunsch der arabischen Völker nach Demokratie traf die Jihadi-Salafisten im Mark: Denn ihr Projekt war die Theokratie in einem wieder zu errichtenden Kalifat. Und jede Form der Herrschaft von Menschen widerspricht dem salafistischen Islam. Um eben diese geht es aber in den Aufständen gegen die Tyrannei von Marokko bis Damaskus.
Mit den Aufständen ist eine Alternative zu dem antihumanen, antiwestlichen, antisemitischen Dschihadismus entstanden: Eine andere Möglichkeit der arabischen Völker, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen. Auch andere Formen des terroristischen Kampfes als der Dschihadi-Salafismus (Hisbollah, Hamas) sind nun unter Druck, seit Syriens Regime schwankt: Der arabische Frühling hat die Selbstverbrennung an die Stelle des Selbstmordattentats gesetzt – ein historischer Moment in der arabischen Kultur.
Dazu passt, dass nun der schlimmste Feind der friedliebenden Muslime weltweit tot ist. Er war ein Feind der Menschheit, aber vor allem ein Fluch für die islamische Welt. Niemand hat so viel Elend über Afghanistan, Irak und Pakistan gebracht wie Osama bin Laden. Zu befürchten ist, dass seine mörderische Ideologie seinen Tod noch eine Weile überleben wird. Mit Racheakten ist zu rechnen. Aber der Tod des Führers könnte doch ein entscheidender Schlag sein. Die Amerikaner haben ihn auf See bestattet, nach islamischem Ritus, wie inoffizielle Quellen betonen. Es ist vorbei.
Al-Kaida hat versucht, sich in Marokko durch ein schändliches Attentat in einem Café wieder ins Spiel zu bringen (und offenbar in Deutschland durch die Planungen, die am Wochenende durch die Verhaftungen vereitelt wurden). Solche Taten führen nirgendwohin. Sie machen den Menschen nur klar, wie sich die Bewohner Israels während der zweiten Intifada gefühlt haben, als die Diskotheken und Cafés mit Bomben angegriffen wurden. Solche Taten können eine freie Gesellschaft nicht besiegen, und sie könne eine Tyrannei nicht zum Einsturz bringen.
Eine Selbstverbrennung hat die Diktatur besiegt. Möglich ist immerhin, dass freiere Gesellschaften daraus entstehen.
Es lebe Mohammed Bouazizi. Osama bin Laden ist tot.