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Emanzipation und Islamismus in Ägypten

 

Ein Artikel der New York Times über die beklagenswerte Lage der Frauen – auch nach der Revolution – in Ägypten bringt eine notwendige Differenzierung. Der Sieg der Muslimbrüder und der Salafisten ist ohne Zweifel kein Hoffnungszeichen. Es gibt praktisch keine Frauen in den führenden Rängen der MB, und die Salafisten lehnen die öffentliche politische Betätigung von Frauen direkt ab. Beide Parteien sind reaktionär, was das Rollenverständnis der Geschlechter angeht.

Aber: Die schlimmsten Akte sexueller Gewalt wurden von seiten der Sicherheitskräfte des alten Regimes verübt. Man denke nur an die Frau mit dem blauen BH und an die „Jungfräulichkeitsstests“ während der Proteste, die letztlich nichts anderes waren als politsch motivierte Vergewaltigung.

Die junge Frau, Samira Ibrahim, die nun vor Gericht das Verbot solcher „Tests“ durchsetzen konnte, ist die Tochter eines islamistischen Aktivisten, der unter Mubarak selber gefoltert worden war. Die ägyptischen Medien haben nichts für sie getan. Auch nicht die liberalen Aktivisten, die sich für Frauenrechte kaum interessieren. Ibrahims Vater aber hat seine Tochter ermutigt, es auf den Prozeß ankommen zu lassen. Viele säkular-liberale Väter hätten dies nicht getan, um „die Schande“ nicht noch an die große Glocke zu hängen.

Das Elend der patriarchalen Verhältnisse wird in Ägypten zwar durch den Islam gestützt, aber es geht weit über diesen hinaus. Auch unter den säkular-liberalen Kräften findet sich kaum jemand, der die unfasslich hohe Zahl von Genitalverstümmelungen in Ägypten (96%!) anprangert.

Und manchmal kann es durchaus sein, dass ein Schritt der Emanzipation innerhalb des islamistischen Spektrums geschieht, wie im Fall der mutigen Samira Ibrahim geschehen.