In München startet das bislang größte Experiment in Sachen OpenGovernment in Deutschland: Seit dem heutigen Mittwoch können sich Bürgerinnen und Bürger dazu äußern, welche Online-Dienste sie von der Stadt erwarten und welche Form von politischer Beteiligung sie sich wünschen. Zudem wird gefragt, welche nützlichen Anwendungen aus dem „Datenfundus“ der Stadt erstellt werden könnten.
In der bayrischen Landeshauptstadt läuft das Ganze unter dem Motto „Münchner Open Government Day“ – MOGDy. Ende Januar 2011 sollen auf einer zweitägigen Veranstaltung – einem „Open Government Camp“ – die Vorschläge und Anregungen ausgewertet werden. Unterstützt wird die Stadt vom OpenData Network sowie dem Liquid Democracy e.V..
Als „schwieriges Thema“ bezeichnet der Organisator des MOGDy, Marcus Dapp von der Stadt München, die „rechtliche Seite der Datenfreigabe“. In einem Interview mit dem Staatsmodernisierungsblog „government 2020“ stellte er fest: „Da haben wir noch keine Patentlösung gefunden. Amtliche Werke unterliegen nicht dem Urheberrecht, könnten also freigegeben werden. Aber natürlich ist das Thema Datenschutz ein guter Grund, Verwaltungsdaten nicht freizugeben. Der MOGDy gibt keine personenbezogenen Daten frei, das würde abgesehen von der rechtlichen Seite auch nicht der Idee entsprechen. Wir wollen Infrastrukturdaten, die Nutzen stiften können, anbieten.“
Als Plattform für ePartizipation setzt die Stadt auf die Software adhocracy des Liquid Democracy e.V. Das System der „flüssigen Demokratie“ basiert auf dem Grundprinzipien der Stimmdelegation: Die eigene Stimme für Abstimmungen kann jederzeit anderen Personen überlassen oder auch wieder entzogen werden.
Das Prinzip wird an verschiedenen Stellen bereits zur politischen Organisierung genutzt, beispielsweise bei der Piratenpartei und dem Verein Mehr Demokratie. Auch will die Enquete Komission „Internet und digitale Gesellschaft“ des Bundestages offenbar als Beteiligungsmöglichkeit auf ein System der Liquid Democracy setzen, um den „18. Sachverständigen“, die Bürger, einzubinden.
Die seit zwanzig Jahren von einer rot-grünen Koalition regierte Stadt München zeigt sich damit erneut als Vorreiter: Bereits 2003 begannen die Vorarbeiten für den Einsatz freier Software wie Linux in der Stadtverwaltung – Limux. Bleibt zu hoffen, dass andere Städte und Kommunen nicht nur auf das kostengünstige freie Linux setzen, sondern auch erste Versuche mit einer „offenen Regierung“ wagen.
Hinweis: Der Autor ist Mitglied des OpenData Networks