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Bahn droht Open-Data-Aktivist mit Klage

 

Die Bahn ist nicht amüsiert. Der Programmierer Michael Kreil hatte sämtliche Fahrplandaten der Bahn von einer CD-ROM extrahiert und im September veröffentlicht, damit andere daraus eigene Anwendungen basteln können. Die Initiative heißt openPlanB, Untertitel „innovation without permission“ – Innovation ohne Erlaubnis. Nun stellt die Bahn klar: Das war illegal. Und im Wiederholungsfall behalte sich die Bahn vor, ihn zu verklagen. Immerhin, erst im Wiederholungsfall. Das Unternehmen wählt dafür die Form des offenen Briefs, also auch eine Art von Open Data.

Die Bahn befürchtet nach eigener Aussage Qualitätseinbußen, wenn jemand auf Basis dieser Daten eigene Anwendungen entwickelt und der Allgemeinheit zur Verfügung stellt. „Fahrplandaten verändern sich spätestens mit jedem Fahrplanwechsel. Drittapplikationen, die mithilfe der von Ihnen rechtswidrig verbreiteten Daten entwickelt werden, veralten schnell und werden daher … jede Erwartung der Menschen … früher oder später enttäuschen“, heißt es im heute veröffentlichten Brief der Bahn.

Vor eineinhalb Wochen hatte das Unternehmen eine Kooperation mit Google vorgestellt. Der US-Konzern erhält exklusiven Zugriff auf die Fahrplandaten und integriert sie in seine Dienste Google Transit und Google Maps.

Da die Bahn ihren Fahrplan in der Regel jeweils im Dezember ändert, dürften die Daten von Kreil auch tatsächlich bald veraltet sein. Programmiert bis dahin aber jemand eine nützliche Anwendung mithilfe dieser Daten, wäre sein Projekt – neben PR in eigener Sache – vor allem eine Art proof of concept, ein Machbarkeitsnachweis. Es würde der Bahn zeigen, wie sinnvoll es wäre, ihre Fahrplandaten in einem offenen Datenformat und mit einer offenen Lizenz anzubieten.

Ob es aber jemand wagt, aus den offensichtlich unrechtmäßig erworbenen Daten eine App zu basteln, ist fraglich. Zwar hat Kreil die Daten unter einer Open Database License (ODbL) veröffentlicht. Aber die Bahn schreibt unmissverständlich: „Indem Sie jetzt die Fahrplandaten unter die ODbL gestellt haben, maßen Sie sich die Position des Rechteinhabers an, der Sie nicht sind.“ Und weiter: „Ihr Vorgehen versetzt zudem Drittentwickler in den falschen Glauben, sie dürften die Daten weiterverwerten: ‚Lizenznehmer‘, die über die Herkunft der Daten keine Kenntnis haben, verlassen sich auf die Erteilung einer angeblich wirksamen Lizenz gemäß Ziffer 3 der ODbL auch zur kommerziellen Verwertung, begehen aber tatsächlich selbst Rechtsverletzungen in erheblichem Ausmaß, wenn sie mit der Datenbank und dem Datenbankwerk arbeiten.“

Der Brief endet mit dem Satz: „Sie werden sicherlich Verständnis dafür haben, dass die Deutsche Bahn nach Ihrer illegalen Aktion im Rahmen von möglichen Open-Data-Initiativen auf Ihre Mitarbeit verzichten wird. Wir werden das Gespräch mit anderen Open-Data-Förderern suchen.“ Den letzten Satz kann man ja auch positiv sehen: Vielleicht werden die Bahndaten ja doch noch irgendwann für alle offen zugänglich.