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Wie ein Pastor in einer Predigt Katholiken, Buddhisten und Muslime beleidigt

 

Am 18. Januar hat der Bremer Pastor Olaf Latzel in der St.-Martini-Gemeinde in Bremen eine, wie er selbst sagt, „harte“ Predigt gehalten. Jetzt hat er deswegen reichlich Ärger; so prüft zum Beispiel die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung.

Und was hat Latzel gesagt? Seine Predigt (hier zum Nachhören) kreiste um die Geschichte des Gideon aus dem Buch der Richter. Der wird von Gott aufgefordert, einen heidnischen Altar zu zerstören. „Reinigung“, nennt Latzel das. Und kommt recht schnell auf die Bedeutung zu sprechen, die das für das Leben eines Christen im Jahr 2015 in Bremen habe: „Wenn ich Christ werde“, sagt er etwa, „dann habe ich keine Talismane… auch keine Buddha-Statue.“ Auch wenn es vielleicht nett sei, so einen „dicken, fetten Herrn“ im Wohnzimmer stehen zu haben: „Das muss weg!“

Ebenso wendet sich Latzel gegen das, was er die „abrahamitische Ökumene“ nennt, „die uns verkauft“ werde – namentlich, dass Juden, Christen und Muslime denselben Gott anbeteten. Zu dem Vorschlag, in Bremen solle es ein gemeinsames Haus der Andacht für Anhänger dieser drei Religionen geben, sagt Latzel: „Das ist das Allerletzte, was wir hier brauchen.“

Latzel ist auch gegen gemeinsame Gebetszeremonien von Katholiken, Protestanten und Muslimen zum Beispiel bei Einschulungsfeiern: „Das ist Sünde, das darf nicht sein!“

Er erlebe es zudem oft, so Latzel weiter, dass Eltern zu ihm kämen, die ihn fragten: „Meine Tochter, die hat jetzt einen Muslimen… muss ich denn da mitmachen, wenn die uns einladen zu ihrem Zuckerfest und all diesem Blödsinn?“ Latzels Antwort: „Nein, da müssen wir ganz sauber bleiben.“

Dann folgt eine besonders drastische Passage: „Da muss man eben auch Schnitte machen, wie hier Gideon. Schnitte – und ich sag das ganz bewusst. Der Name Gideon heißt: Hacker! Hacker! Ja, der ist nicht so … nach dem Motto: ‘Ich häng mal ein Betttuch drüber über die Aschera (ein Götzenbild, das in der Textstelle so genannt wird, YM), damit’s nicht gesehen wird, dann hab ich ja meinen Protest ausgedrückt‘ … oder ‚Ich mach‘ mal heimlich nachts ein Graffiti drauf‘. Gott sagt: ‚Umhauen! Verbrennen! Hacken! Schnitte ziehen!‚“

Die Bremische Evangelische Kirche (BEK) hat sich bereits von der Predigt distanziert: „Die Formulierungen sind unerträglich und dazu geeignet, Gewalt gegen Fremde, Andersgläubige oder Asylbewerber Vorschub zu leisten“, erklärte ihr Schriftführer. Latzels Gemeinde indes stellte sich auf ihrer Webseite hinter den Pastor. 

Was fängt man mit so einer Predigt an? Zunächst einmal: Latzel ruft nirgendwo zur Gewalt gegen Menschen auf. Er betont stattdessen, der christliche Glaube gebiete es, „Menschen muslimischen Glaubens in Liebe … zu begegnen“.

Also keine Volksverhetzung? Ich vermute mal, dass es bei der Prüfung bleiben wird. Doch man weiß nie. 2004 gab es einmal ähnliche Prüfungen, nachdem ein Berliner Imam in seiner Predigt folgendes gesagt hatte: „Diese Deutschen, diese Atheisten, diese Europäer rasieren sich nicht unter den Armen, ihr Schweiß sammelt sich unter ihren Haaren zu einem üblen Geruch und sie stinken.“ Er sagte auch, die Deutschen würden wegen ihres Unglaubens in die Hölle kommen. Wie der Fall damals ausging, lässt sich nicht unmittelbar herausfinden. Aber die Moscheegemeinde entschuldigte sich damals im Namen des Imams. Das freilich wird Latzel wohl kaum tun – ein zentrales Thema in seiner Predigt war, dass man Anfeindungen wegen seines solchermaßen bekundeten Glaubens aushalten müsse.

Aber womit haben wir es hier eigentlich zu tun – also einmal abgesehen von dem Ärger, den eine solche Predigt in Zeiten von Pegida auslöst? Wofür steht Pastor Latzel?

Wäre er Muslim und verträte analoge Positionen, zum Beispiel die, dass Muslime gut daran tun, sich von Ungläubigen freizuhalten, dann würde man ihn vermutlich einen Islamisten nennen. In der Wissenschaft definiert man Islamismus zumeist als politische Ideologie. Und einen Islamisten als jemanden, der die Ansicht vertritt, dass der Glaube keine Privatsache ist, sondern die Gesellschaft und das Leben in ihr prägen muss. Vor allem letzteres trifft auch auf Latzels Argumentation zu. Eine gewisse Abscheu tritt hinzu: „Dreck“, „Blödsinn“ – sehr versöhnlich ist das nicht. Sollte man ihn also einen „Christianisten“ nennen? Das wäre natürlich albern. Dieser Begriff ist nicht eingeführt, er sagt und meint gar nichts.

Aber trotzdem ist der Vergleich nicht komplett absurd. Sagen wir es so: Nicht nur auf muslimischer Seite gibt es Menschen mit radikalen Ansichten. Latzels Predigt ist eine kleine Erinnerung daran, dass es auch im Christentum Ansichten jenseits der Mainstream-Religion (im deutschen Christentum vertreten durch EKD und Bischofskonferenz) gibt – und dass diese Positionen ungemütlich und unversöhnlich sein können.

Ich denke, Pastor Latzel kann man mit Fug und Recht einen Fundamentalisten nennen. Er würde das womöglich ablehnen und sich stattdessen einfach als treuen, frommen Gläubigen bezeichnen. Aber das tun Islamisten oft auch.