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Unsere Bundesliga soll schöner werden

 

Die Schach-Bundesliga, außerhalb der Schachszene weiß so gut wie niemand von ihrer Existenz. Selbst viele Schachspieler kennen die Liga nicht und noch weniger interessieren sich für sie. Kein Wunder: Es spielen dort zwar 16 Mannschaften, aber einen echten Kampf um die Meisterschaft gibt es nicht. Der Titel geht seit 2006 jährlich an die OSG Baden-Baden. Einen echten Abstiegskampf gibt es auch nicht, die Mannschaften machen größtenteils unter sich aus, wer im nächsten Jahr noch antritt oder nicht, das hat meist finanzielle Gründe.

Teilweise stehen regionale Sponsoren wie Sparkassen oder mittelständische Betriebe hinter den Teams und stellen die Spielorte und etwas Kapital. In anderen Fällen kommt der Saisonetat fast oder vollständig von Privatpersonen. Der Verbleib einer solchen Mannschaft in der Bundesliga hängt direkt vom Willen der Mäzene ab, das Engagement weiter fortzusetzen. Rückzüge trotz sportlichem Erfolg sowie das Nicht-Aufsteigenwollen aus der zweiten Bundesliga gehören zum jährlichen Erscheinungsbild.

Bevor die neue Bundesliga-Runde am kommenden Freitag beginnt, haben wir acht Verbesserungsvorschläge zusammengetragen. Nach dem Motto: Unsere Schach-Bundesliga soll schöner werden.

1. Weniger Mannschaften

Streng genommen existieren in Deutschland keine 16 Vereine, die finanziell, organisatorisch und sportlich eine Teilnahme in der ersten Liga stemmen können. Eine Reduktion der Liga auf 12 Mannschaften würde für mehr Stabilität, ausgeglichenere Kader und mehr sportlichen Wettkampf sorgen. Für den Abstiegskampf einer solchen neuartigen Liga wäre das einsichtig, hinsichtlich des Titelrennens dürfte man bei der Dominanz der OSG Baden-Baden weiterhin skeptisch sein. Immerhin stiege bei einer solchen Reform der Elo-Durchschnitt der Spieler und die Qualität der Partien, während insgesamt weniger Spiele stattfänden. Der größte Nachteil einer solchen Reform: Viele kleinere Vereine, die ab und zu mal einige Jahre Bundesliga spielen, könnten dieses Abenteuer ihren Spielern und Fans nun gar nicht mehr bieten. Die Liga wäre noch weniger durchmischt als jetzt.

2. Eine Quote

Aktuell ist etwa nur jeder zweite Bundesligaspieler Deutscher, wobei diese Statistik durch Jugendspieler, die nur pro forma im Kader stehen, noch aufgehübscht wird. Unter den besten acht Spielern jedes Teams ist nur einer von vieren Deutscher. Das schafft nicht gerade ein großes Identifikationsgefühl. Eine Inländerquote, dass also so und so viele Spieler aus dem eigenen Land kommen müssen, gibt es aktuell in vielen anderen Ländern, früher gab es sie auch in Deutschland. Denkbar sind verschiedene Modelle wie etwa eine Begrenzung der Anzahl ausländischer Spieler im Kader oder bei den Spielaufstellungen. So wünschenswert die Einführung einer solchen Quote zwecks Förderung einheimischer Jugendspieler auch erscheinen mag, so sehr gäbe es auch Probleme. Bei zu vielen deutschen Spielern könnte das Spielniveau leiden. Außerdem wäre eine solche Regel schlicht diskriminierend, vor allem gegenüber ausländischen Spielern, die schon lange in Deutschland leben.

3. Zentrale Spielorte

In den vergangenen Jahren gab es in jeder Saison ein langes Wochenende, an denen sich alle 16 Mannschaften an einem Spielort trafen, die sogenannte Zentralrunde. Die Präsentation der Spiele und die Zuschauerresonanz waren in allen Fällen hervorragend. Es gab Simultanveranstaltungen bekannter Schachgrößen, Livekommentierungen, Blitzturniere für Zuschauer und Betreuung für Kinder. Daher würden es viele gern sehen, wenn es solche Events öfters gäbe. Das Problem: Nur wenige Vereine haben genug Geld und Know-how, so etwas auf die Beine zu stellen.

4. Weniger Spieler

Vor einigen Jahren durften die Schachclubs ihre Kader vergrößern, von 14 auf 16 Spieler. Dadurch sollte dem Umstand Rechnung getragen werden, dass viele Profis durch den engen Turnierkalender sowie Ligaeinsätze in anderen Ländern (Ja, im Schach darf jedermann in beliebig vielen Ligen gemeldet sein und spielen!) ausgelastet seien und es immer schwerer falle, für ein Wochenende eine Mannschaft zusammenzustellen. In Wirklichkeit aber missbrauchen einige Verantwortliche aus dem Ligamittelfeld diese Regelung, indem sie gegen Baden-Baden und einige andere mit ihrer B-Elf antreten, gegen Abstiegskandidaten aber mehr oder weniger die ersten Acht spielen lassen. Eine Rückkehr zu einem Kader von 14 Spielern oder sogar eine weitere Verkürzung auf 13 würde die Verantwortlichen und die Profis zu mehr Disziplin anmahnen und die oben skizzierte Wettbewerbsverzerrung verhindern.

5. Entzerrung der Spieltage

Die Saison dauert von Oktober bis April, wird aber an nur sieben Wochenenden gespielt. Warum nicht die Spieltage entzerren, sodass an jedem Wochenende gespielt werden würde? Zuschauer hätten so die Möglichkeit, häufiger als nur sieben Mal im Jahr Erstliga-Partien zu besuchen und auch die Zuschauer im Internet müssten nicht, wie jetzt, 128 Partien auf einmal durchklicken und verarbeiten. Berichterstatter könnten gründlicher und besser berichten. Ein großer Nachteil ist eine ständig „schiefe“ Tabelle, die die Liga begleitet, sowie eine höhere Manipulationsgefahr. Die letzten zwei Spieltage sollten deshalb weiterhin gleichzeitig ausgetragen werden.

6. Comeback der Zeitnotphasen

Heutzutage wird so gut wie überall, auch in der Bundesliga, mit sogenanntem Inkrement gespielt, sodass Spieler für jeden ausgeführten Zug noch extra Bedenkzeit erhalten. Dadurch entfallen leider die bis vor einigen Jahren noch üblichen Zeitnotphasen, bei denen die Spieler etwa noch 30 Sekunden für 10 Züge zur Verfügung hatten und beiderseitig wild auf der Schachuhr herumhackten. Jeder Zuschauer wünscht sich diese Verhältnisse sofort wieder zurück. Wie oft kam es vor, dass David in extremer Zeitnot noch Goliath zu Boden strecken konnte. Das ist aber auch der Grund, warum die Verantwortlichen in der Bundesliga niemals mehr für eine Rückkehr zu den Zeitnotphasen stimmen werden: Wer Geld bezahlt, will die Varianz möglichst klein halten.

7. Frühzeitige Bekanntgabe der Paarungen

Die genauen Mannschaftsaufstellungen werden erst eine halbe Stunde vor den Matches veröffentlicht. Zugegeben, für einen normalen Zuschauer macht es kaum einen Unterschied ob die Schachfreunde Berlin mit einem Ilja Schneider oder einem Dennes Abel antreten, aber viele wüssten durchaus gerne, ob sich Mühe und Zeit lohnen, in die Nachbarstadt zu fahren, um dort einem seltenen Gast wie Vishy Anand oder Lewon Aronjan über die Schulter zu gucken. Ein paar Jahre lang gab es darum genau ein solches Agreement, dass bei Spielen mit Beteiligung von Baden-Baden die Aufstellungen schon am Donnerstag vor dem Match bekannt gegeben wurden. Anschließend verweigerte die Mehrheit der Liga diesem Abkommen die weitere Zustimmung. Ob nun stärkere oder schwächere Spieler davon profitieren, dass sie sich (nicht) auf den genauen Gegner vorbereiten können, ist unklar. Argumente gibt es für beide Seiten. In jedem Fall ist aber der Zuschauer der Verlierer in der aktuellen Situation.

8. Sanktionen für (häufigen) Nichtaufstieg oder Rückzug

Rückzüge aus dem Spielbetrieb sind für Zuschauer und für andere Beteiligte ein großes Ärgernis. Nichts untergräbt die Glaubwürdigkeit einer Liga so stark wie ein Abstiegskampf, bei dem sich am Ende herausstellt, dass er letztendlich keiner war, weil auch abgestiegene Mannschaften den Platz in der Liga am grünen Tisch behalten dürfen. Daher böte es sich an, über Möglichkeiten von Sanktionen gegenüber Vereinen nachzudenken, die sich aus der Schachbundesliga zurückziehen oder als Sieger einer der zweiten Ligen (mehrfach) nicht ihr Aufstiegsrecht wahrnehmen. Wünschenswert wäre etwa im letzten Fall ein Zwangsabstieg aus der zweiten Liga nach mehrfachem Aufstiegsverzicht. Eine solche Regelung wäre jedoch juristisch nur schwer durchsetzbar und unterläge einer massiven Manipulationsgefahr.