Samuel Yeboah starb vor 25 Jahren bei einem Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim im saarländischen Saarlouis. Oberbürgermeister Roland Henz (SPD) sieht keine eindeutigen Beweise für eine rassistisch motivierte Tat. Im Gegensatz dazu stuft die Bundesregierung den Mord als rechtsmotiviert ein. Antifaschisten fordern bis heute von der Stadt ein würdiges Gedenken an Yeboah im Stadtzentrum, das die Hintergründe der Tat benennt – ohne Erfolg.
Nur auf dem Saarlouiser Friedhof erinnert ein Grabstein an Samuel Yeboah. „Opfer eines Brandanschlages auf ein Asylbewerberheim“, heißt es dort über den 1964 in Ghana geborenen und in Saarlouis ermordeten Mann. Am 19. September 1991 gossen Unbekannte in das Treppenhaus Benzin und setzten es in Brand. Schnell brannten das Treppenhaus, dann Wände und die ersten Zimmer. 16 Bewohner entkamen den Flammen unverletzt, zwei erlitten Knochenbrüche als sie aus dem Fenster sprangen. Samuel Yeboah, damals 27 Jahre alt, erlag wenig später seinen schweren Verbrennungen im Krankenhaus. Die Täter sind bis heute nicht gefasst.
Um das Gedenken an Yeboah wachzuhalten veranstaltete die antifaschistische Kampagne „Hass hat Konsequenzen“ am 24. September 2016, zum 25. Todestag, eine Demonstration. Dem Aufruf folgten etwa 250 Menschen. An der Kampagne sind unter anderem die Antifa Saar / Projekt AK, die Falken und die Jusos aus Saarlouis, die Heinrich Böll Stiftung Saar und die Rosa-Luxemburg-Stiftung Saar beteiligt. Im Interview mit dem Störungsmelder ordnet ein Kampagnen-Sprecher den Mord in seinen gesellschaftspolitischen Kontext ein.
Wie ein würdiges Gedenken konkret aussehen könnte haben Antifaschisten mehrmals gezeigt. Zum 10. Todestag brachten sie bei einer Gedenkdemonstration eine Steinplatte an der denkmalgeschützten Rathausfassade an. Die Inschrift: „In Erinnerung an Samuel Yeboah. Flüchtling aus Ghana. Am 19.9.1991 durch einen rassistischen Brandanschlag in Saarlouis ermordet.“ Die Stadt unter dem damaligen CDU-Oberbürgermeister Hans-Joachim Fontaine prozessierte wegen Sachbeschädigung gegen den Versammlungsleiter. Das Urteil fiel vier Jahre später: 134,50€ Schadensersatz für die Stadt Saarlouis. Anlässlich des 15. Todestages benannten Antifaschisten die nach dem „Kolonialrassisten“ (Antifa Saar) benannte Lettow-Vorbeck-Straße in Saarlouis symbolisch in Samuel-Yeboah-Straße um. 2016 wurde ein virtueller Gedenkstein unter samuel-yeboah.de eingerichtet. Der Saarländische Flüchtlingsrat mietete Werbeflächen in Saarlouis und in der Landeshauptstadt Saarbrücken. Ihr Plakat: „Rassismus tötet. In Erinnerung an Samuel Yeboah.“
Die Antifa Saar sieht in dem Mord den Höhepunkt der Neonazigewalt in Saarlouis und kritisiert den offiziellen Umgang mit der Szene. Der Störungsmelder dokumentiert einen Auszug aus der Rede, die bei der diesjährigen Demonstration gehalten wurde.
Die Kampagne kritisiert auch andere Städte im Saarland für ihren Umgang mit dem Neonazismus bzw. dem Nationalsozialismus. In Sulzbach wurde Ahmed Şarlak 2002 von einem stadtbekannten Neonazi erstochen. Auch hier fehlt die öffentliche Erinnerung an einen Mord, den die Bundesregierung nicht als rechtsmotiviert anerkennt. In Völklingen ist ein Stadtteil nach dem Industriellen Hermann Röchling benannt, den ein französisches Militärgericht wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilte. In Dillingen steht ein Kriegerdenkmal, das die Kampagne als Anlaufpunkt für eine „revisionistische Erinnerungskultur“ kritisiert.
Die saarländische Erinnerungskultur sieht der Historiker Erich Später (Heinrich-Böll-Stiftung Saar) durch die Kontinuität der nationalistischen und nationalsozialistischen Eliten geprägt. Im Interview mit dem Störungsmelder spricht er auch über die Erinnerung an Samuel Yeboah.
Die Aufgabe an seinen Tod zu erinnern und diesen in den gesellschaftspolitischen Kontext zu stellen wird wohl auf absehbare Zeit Aufgabe der Zivilgesellschaft bleiben. Auch 25 Jahre nach dem Mord an Samuel Yeboah sieht das Rathaus keinen Handlungsbedarf.