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Wenn schon traurig, dann mit Witz

 

Auf ihrem Album „All Your Things Are Gone“ zeigen Victory At Sea aus Boston: Es gibt ein Lächeln in der Depression

Cover Victory At Sea

Boston ist für andere Dinge bekannt als für Musik. Für Harvard zum Beispiel. Für Baseball. Für Tee-Partys. Boston ist das Athen Amerikas. Sagt man. Und die bekannteste Bostoner Band ist Aerosmith, obwohl die gar nicht aus Boston kommt.

Mona Elliott ist aus Boston. Ihre dreiköpfige Band Victory at Sea kennen bisher wenige. Doch mit dem neuen Album könnte sich das ändern.

Die amerikanische Musikpresse wurde schon beim letzten, Memories Fade, aufmerksam und begann zaghaft, die Gruppe einzuordnen, schüchtern zu loben und Referenzen zu bemühen. Wie The Cure, schrieben die einen. Wie PJ Harvey, die anderen. Was man eben so schreibt. Folk jedenfalls. Das schrieben fast alle.

Die musikalische Bandbreite auf dem nun erschienenen All Your Things Are Gone reicht von langsamen, balladesken Folk-Songs über knapp am Shanty vorbeigeschrammte Refrains bis hin zu furiosem Schlagzeugspiel. Überhört man die eingestreuten Dissonanzen, könnte man auch sagen, die Platte sei poppig.

Die zehn Songs drehen sich um ein Klavier, auf dem schon ein Dutzend leerer Weinflaschen stehen – drum herum überquellende Aschenbecher. Dann und wann durchbricht eine Mundharmonika die Tristesse, ein paar unterzuckerte Streicher, dann Mona Elliotts Stimme, schwingend zwischen lockender Düsternis und einem fröhlich aufgelegten Beerdigungschor. Und so mitreißend Elliotts Stimme sein kann, so schnell bricht sie dann auch wieder weg, das Klavier seufzt dazu, als ginge es jetzt knietief in die Depression.

Keine Frage: Victory at Sea haben zu viel Blues für den Indie-Rock. Glücklicherweise haben sie aber auch zu viel schwarzen Humor, um darüber melodramatisch zu werden: The Understatement Of The Year Award Goes To You, Cause The Last Thing That You Said To Me Was: Hey, I’ll See You Later, heißt es in The Letter.

Trotz aller Melancholie wirkt das Album deshalb um Tonnen leichter als Verwandtes. Beinahe lässig verzweifelt. Statt unter der Trauerweide zu zerfließen, sitzen Victory At Sea in ihren Ästen und lächeln ein wenig.

Mit All Your Things Are Gone haben sie ein Album eingespielt, das wie ein Gespräch ist in einer fremden, verrauchten Bar mit einem fremden Menschen, spät nachts. Eine Begegnung zwischen der Nähe zum anderen und dem Zweifel an sich selbst. Der Weg nach Hause ist dann gar nicht mehr so schlimm.

„All Your Things Are Gone“ von Victory At Sea ist auf CD und LP bei Gern Blandsten erschienen.

Hören Sie hier „To You And Me“