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Buster Keaton und ein Märchenkönig

 

Eigentlich ist Markku Peltola ja Schauspieler. Wenn er Musik macht, dann kullern und hüpfen die Melodien und Rhythmen durch eine fantastische Welt, dann torkelt die Posaune und der Tango klingt falsch herum. Mit skandinavischer Volksmusik hat das nur noch wenig zu tun

Cover Peltola

Ein Mond sitzt bei lustiger Musik um Mitternacht in einem Theater und weckt einen Clown in seiner roten Kiste, beide laden zum Spiel ein. In der Eingangsszene erscheint nach dem erfolgreichen Beseitigen von Zeitungsschnipseln ein schwarzer musikalischer Clown. Eine trommelnde Katzenfrau lässt sich zu schmatzenden Küssen und Augenrollen überreden, ihre Barthaare entpuppen sich als Harfe. Die rote Haarpracht eines Löwen erscheint wie Gras, das sich bei Berührung wie im Wind wiegt und zarte sphärische Klänge hören lässt.

Was ist das? Das sind einige Szenenbeschreibungen zum Mitternachtsspiel, einem Computerspiel für Kinder, entworfen nach der Vorlage der tschechischen Bilderbuch-Künstlerin Kveta Pacovská. Die interaktive und wortlose Lernsoftware zum kreativen Musikmachen fasziniert seit über zehn Jahren nicht nur die Kleinen.

Die Musik des Finnen Markku Peltola erinnert an die varieteartigen Dada-Welten dieses Computerspiels. Seine Melodien und Rhythmen kullern und hüpfen genau wie die freundlichen Dali-Figuren in sich stetig, aber leise verändernder Gestalt durch eine Fantasieumgebung in einfachen Grundfarben. Sogar die Zeichnungen auf dem CD-Cover ähneln dem Grafikstil des Mitternachtsspiels, und Peltolas kleine Kammermusiken aus Gitarre, Geige und sanft groovendem Schlagwerk könnten die Fortsetzung der kindlichen Interaktionsversuche ohne großes Thema sein.

Gitarrist Markku Peltola ist eigentlich Schauspieler, er spielte die Hauptrolle in Aki Kaurismäkis Der Mann ohne Vergangenheit. Der Titel seines zweiten Albums ist etwas sperrig: Markku Peltola & Buster Keaton Tarkistaa Lännen Ja Idän, er bedeutet in etwa Markku Peltola und Buster Keaton schauen in verschiedene Himmelsrichtungen. Wie schon vor zwei Jahren zaubert er mit ein paar Mannen Unterstützung eine zeit- und ortlose Folklore. Die Melodieführung übernehmen im Wechsel eine verhuschte Blechbläserstimme und eine Geige. Fast könnte der Eindruck traditioneller skandinavischer Volksmusik aufkommen. Doch da sind elektrische Gitarren und ein paar elektronische Filter, die schüchternen Tangoeinsätze klingen wie rückwärts aufgenommen und die komplizierten Arrangements trudeln mitsamt dem entspannten Offbeatgeplucker in Zeitlupe am Ziel vorbei.

Aus dem Nichts tauchen Parallelen auf, in dem dreizehnminütigen Western-Swing-Dub Juuri Nain! zum Soundtrack des Antonioni-Klassikers Zabriskie Point, in dessen intensivsten Szenen mit minimalistischem Psychedelik-Folk eine Atmosphäre der intimen Verdichtung inmitten der Verlorenheit einer menschenleeren Wüstenlandschaft beschworen wird. Im Schlussstück Lex Plays His Luthor‘s Space wiederum könnte die torkelnd frohlockende Posaune auch einen kleinen Märchenkönig ankündigen, der wie im Mitternachtsspiel aus einer Schachtel hopst, und, während er ins Blech tutet, ein anderer wird.

Der Begriff surreal ist aus der Mode gekommen. Heute ist alles virtuell, was ein stets waches Bewusstsein über künstlich erzeugte Zustände und die Art ihrer digitalen Herkunft impliziert. Nur selten, und dann meist im Zusammenhang mit den besonderen Fähigkeiten kindlichen Erlebens, kommt es noch vor, dass eine so genannte virtuelle Welt sich warm und echt anfühlt, weil der Mensch es sich erlauben kann, sich völlig darin zu verlieren. Weil die verwendete Bildersprache und Klangästhetik, vollkommen jenseits von echt oder virtuell, vielmehr surreal ist.

Auf diese sympathische Art macht Markku Peltola surreale Musik, sie gaukelt einem nichts künstlich Echtes vor, sie erhebt einen lässig und augenzwinkernd ein Stückchen über die Realität. Gerade soviel, dass man nach dem Schweben nicht zu hart landet.

„Buster Keaton Tarkistaa Lännen Ja Idän“ von Markku Peltola ist erschienen bei Klangbad, vertrieben wird sie durch Broken Silence

Hören Sie hier „Lex Plays His Luthor‘s Space“und „Äkisti Toiseen Viistoon!“

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