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Kraft der Virtuosität seiner Finger

 

Der Brite Ben Howard legt ein brilliantes Debütalbum vor: Der Folk auf „Every Kingdom“ wendet sich ab vom Grübelmelodram und hin zu durchdachtem Pop.

© UMID

Ein Mann und seine Gedanken, verpackt in Worte. Viele Worte. Worte aus der Seele.

Seit Folk Music nicht allein von der Anmut der Prärie kündet, braucht es wenig mehr, um das Innerste zu berühren. Instrumente sind oft bloß Anker, um sich nicht nur an den Emotionen festhalten zu müssen. Umso bemerkenswerter ist es, wenn dieses Genre einen echten Gitarristen erlebt.

Er heißt Ben Howard und liefert mit Every Kingdom ein Debütalbum, das nicht durch Gefühls- und Stimmlage brilliert (dadurch auch). Stattdessen orchestriert der 23-Jährige seinen südenglischen Akzent mit einem Saitenanschlag, der frisches Songwriting mit dem vereint, was früher Weltmusik hieß – einer lustvollen Schatzsuche auf abgelegenen Inseln der Klangvielfalt, begleitet von zwei Polyinstrumentalisten.

Keep Your Head Up – Ben Howard

Zu eher schlichter Lagerfeuerlyrik von Wind und Walen, aufrechten Herzen und love, love, love, die dank Howards aufgeweckter Kopfstimme nicht weiter stört, gelingt ihm kraft der Virtuosität seiner Finger, was seit Crosby, Stills & Nash nur selten glückt – Folk, der nicht im Melodram versandet, sondern sich, durchdacht statt grübelnd, dem Pop zuwendet. Man kann ihn einfach so hören, statt zwingend zuhören zu müssen. Ist das erleichternd!

„Every Kingdom“ von Ben Howard ist erschienen bei Island/Universal.

Aus der ZEIT Nr. 8/2012