„We Are Young“ von Fun ist ein großer Hit, fast überall auf der Welt. Das liegt aber nicht allein am Popsong, sondern vor allem an einem äußerst klugen Marketingkonzept.
Sicherlich, We Are Young ist ein hübscher Popsong. Eine forsche Trommel, ein dezenter Klavierakkord, eine helle Stimme, die ihre euphorisierende Jugendlichkeit selbst noch durch das schepperndste Küchenradio zu transportieren versteht, und nicht zuletzt ein sofort mitsingbarer Refrain, der von einer frisch beginnenden Liebe erzählt und sentimentale Sehnsüchte bündelt: „Tonight we are young, so let’s set the world on fire„.
Es ist nicht wirklich ein Wunder, dass Fun (sie schreiben sich lieber „fun.“) mit ihrer aktuellen Single nahezu weltweit an die Spitze der Charts stürmten. Nur Deutschland ziert sich noch ein wenig, hier kletterte We Are Young bloß auf Platz vier. Vor allem aber ist das Trio aus New York ein hervorragendes Beispiel, wie Popmusik in den Zehner Jahren des 21. Jahrhunderts vermarktet wird.
We Are Young wurde im September vergangenen Jahres offiziell veröffentlicht, verkaufte sich anfangs aber noch etwas mau. Fünf Monate zuvor hatte die Plattenfirma den Produzenten von Glee den Song zukommen lassen, der prompt bereits im September in der Musical-TV-Serie platziert werden konnte, in der sonst vor allem Pop-Klassiker zum Einsatz kommen. Die Marketingmaßnahme wurde augenblicklich mit Platz eins für die Glee-Version des Liedes in den US-Charts belohnt.
Die nächste Karrierestufe zündete plangemäß Anfang Februar, als We Are Young im Werbespot eines Automobilherstellers während der Super-Bowl-Übertragung verwendet wurde. Die Werbefilmchen sind oft aufregender als das Football-Endspiel, in dessen vielen Pausen sie platziert werden, und auf jeden Fall eine hervorragende Gelegenheit, den US-amerikanischen Mainstream zu erschließen. Nach dem Super Bowl schoss auch das Original von We Are Young auf die Eins, weitere Einsätze in Fernsehserien und bei Wrestling-Veranstaltungen trugen dazu bei.
Ein guter Song, das zeigt diese Geschichte, genügt schon lange nicht mehr. Man muss auch wissen, wann man ihn wem am geschicktesten präsentiert. Das Glee-Publikum reicht von pubertierenden Mädchen bis zu ihren mit Popmusik sozialisierten Eltern, und deckt sich exakt mit der Zielgruppe von Fun, deren Pop hemmungslos eklektizistisch mit historischen Zitaten aus den achtziger und neunziger Jahren spielt.
Allzu harmlose Synthies werden schon mal von vermeintlich gefährlichen Emo-Gitarren beiseite gedrängt, und simple Songstrukturen aufgepeppt mit einer exzentrischen Theatralik, wie sie Freddy Mercury in die Popmusik einführte. Das Erfolgsrezept: Nate Ruess, Andrew Dost und Jack Antonoff wirken mit ihren Milchgesichtern – und indem sie verschiedene Typen besetzen – einerseits wie eine Boy Group, demonstrieren aber auch ausreichend Musikalität, um Ältere anzusprechen. Als die Band fest im Bewusstsein dieser Gruppe verankert war, sorgte der Super-Bowl-Werbeclip dafür, dass auch noch eine denkbar breite Bevölkerungsgruppe den Song entdecken durfte.
Bleibt eine Frage: Kann Some Nights, das zur Werbekampagne gehörige Album, die geweckten Erwartungen erfüllen? Die Antwort ist ein klares Jein: Das Niveau des zweifellos großartigen We Are Young erreichen annähernd nur das pathetische Why I Am The One und das einen Hauch zu gefällige All Alone. Ansonsten liefern Fun unter der Regie von Jeff Bhasker, der schon Kanye West, Beyoncé, Jay-Z oder Lana del Rey produziert hat, auf Albumlänge immerhin sehr solide, immer eingängige, absolut moderne Popmusik.
„Some Nights“ von Fun ist bei Fueled by Ramen/Warner erschienen.