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Ein Debüt nicht von dieser Welt

 

Søren Løkke Juul, toller Name, vielleicht zu dänisch für die internationale Popkarriere. Deshalb nennt er sich Indians und macht mit seinem Debütalbum die Blogger verrückt.

© Beggars Group
© Beggars Group

Wenn Musik tatsächlich die unmittelbarste aller Kunstfomen ist. Und wenn – weiter gedacht – Musik immer besser wird, je persönlicher sie von ihrem Urheber erzählt. Dann, ja dann ist Søren Løkke Juul tatsächlich ein großartiges Stück Popmusik gelungen.

Denn selten wohl klangen ein paar Töne so zerbrechlich, so verletzlich, so intim wie Somewhere Else, das Debütalbum von Indians. Unter diesem Namen ist der aus Dänemark stammende Juul vor kaum einem Jahr zum ersten Mal aufgetreten. Seitdem hat er sich zu einem der beliebtesten Phänomene entwickelt, die momentan durch die Blogs schwirren. Man ist begeistert von den sphärischen Tönen und den überirdischen Melodien, aber kann sich nicht recht entscheiden, ob man Indians bloß als romantische Version der Flaming Lips einordnen soll, womöglich doch als Nachahmer von Bon Iver oder lieber gleich als weltentrückt.

Denn so klingt Somewhere Else. Eben, als wäre es „irgendwo anders“, aber nicht auf diesem schnöden Planeten aufgenommen worden. Ein Klavier klimpert traumverloren, alles schwebt in einen unendlichen Hallraum. Glockentöne, die wirken wie aus dem Himmel gefallen, schallen aus den Lautsprechern. Stimmen und Streicherklänge wehen heran, umfangen den Hörer und sind wieder verschwunden, bevor sie einen Eindruck hinterlassen können.

Dann wieder verbreitet sich die Musik wie Dunst, durch die Juuls heller Gesang leuchtet wie ein Nebelhorn. Und selbst, wenn doch einmal so etwas wie ein Beat einsetzt, wird der schnell mit einem Netz aus Watte wieder eingefangen.

Im Zwielicht bleibt auch der Musiker – über Herrn Juul ist nicht allzu viel bekannt. Man weiß, dass er seine Popsongs ganz allein einspielt. Es gibt ein paar Fotos, auf denen ein schmaler, dunkelblonder Mann mit Dreitagebart und kräftigen Augenbrauen zu sehen ist. Es gibt ein paar Videoclips, in denen Juul mit Gitarre um den Hals vor einem See steht und nicht umfällt, obwohl deutlich zu sehen ist, dass am Ufer eine mittelsteife Brise weht.

Es scheint Søren Løkke Juul also tatsächlich zu geben. Aber mehr als, dass er seit zwölf Jahren in Kopenhagen lebt, sein Vater in einer Sixties-Cover-Kapelle spielte und er selbst in drei unbekannten Bands aktiv war, bevor er Indians gründete, scheint nicht in Erfahrung zu bringen zu sein. Schon sein Alter ist zwar kein offizielles Geheimnis, aber verraten hat er es anscheinend auch nicht.

Juul versteckt sich nicht, er gibt sogar Interviews, aber wirklich viel sagt er in ihnen nicht. „Ich denke nicht darüber nach, welche Musik ich machen will“, erzählte er dem Interview-Magazin, „sie wird einfach so, wie sie ist“.

Wie sollte es auch anders sein, wie sollte er auch erklären können, wie sie denn entsteht, woher sie kommt, diese Musik, wenn sie doch gar nicht von dieser Welt ist.

„Somewhere Else“ von Indians ist erschienen bei 4AD/Beggars Group/Indigo. Auf der Website des Labels stehen zwei Songs zum kostenlosen Download.