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Nichts dazu gelernt

 

Nichts dazu gelernt

Die Affäre um unseren Bundespräsidenten ist ein wenig in den Hintergrund getreten. Die Ruhe über die Feiertage und seine späte, aber immerhin als Reuebekundung zu verstehenden persönliche Erklärung zwei Tage vor Weihnachten haben dem Skandal fürs Erste die Spitze genommen. Christian Wulff mag hoffen, dass er die Aufregung um seinen umstrittenen Hauskredit und seine Urlaubsaufenthalte bei reichen Unternehmerfreunden politisch übersteht, wenn erst etwas Zeit ins Land gegangen ist und sich die Republik wieder anderen, wichtigeren Dingen zuwendet.

Immer neue Details zu der Affäre, die fast täglich bekannt werden, verstärken aber den Eindruck, dass Wulff noch immer nicht die volle Wahrheit gesagt hat über seinen mehr als fragwürdigen Umgang mit geldwerten Angeboten seiner Amigos aus der Geschäftswelt. Und dass er, seinen öffentlichen Worten zum Trotz, weiterhin keinerlei politische Sensibilität beweist, was seine Privatgeschäfte betrifft.

So berichtet die Süddeutsche Zeitung heute, dass Wulff seinen Kredit bei der landeseigenen Stuttgarter BW-Bank, mit der er sein umstrittenes Privathausdarlehen des Unternehmerehepaars Geerkens abgelöst hatte, offenbar umgewandelt hat, nachdem die Affäre schon ins Rollen gekommen war. Die Konditionen dafür seien nach Angaben seines Anwalts am 25. November fixiert worden. Da recherchierten verschiedene Journalisten schon längere Zeit zu der Finanzierung von Wulffs Privathaus. Am 12. Dezember habe die Bank ihm dann den Vertrag zugesandt.

Ebenfalls am 12. Dezember hatte die „Bild“-Zeitung erstmals über den fragwürdigen Kredit des Präsidenten berichtet. Wulff wusste, dass „Bild“ an der Sache dran war, hatte das Blatt doch schon Wochen vorher dem Präsidialamt Fragen dazu gestellt. Drei Tage später, am 15. Dezember, erklärte Wulff, er habe den Geldmarktkredit, mit dem er das angeblich von Frau Geerkens stammende Darlehen getilgt hatte, inzwischen „in ein langfristiges Bankdarlehen festgeschrieben“. Den Vertrag dazu hat er laut BW-Bank jedoch erst sechs Tage später am 21. Dezember zurückgeschickt.

Das mag als Petitesse erscheinen. Aber handelt so ein Politiker, der es jetzt angeblich wirklich ernst meint mit der Wahrheit? Und warum nimmt Wulff nicht, um jeden Verdacht einer Begünstigung auszuräumen, wie jeder andere Familienvater eine Hypothek bei einer normalen Geschäftsbank auf statt einen neuen Kredit bei einem staatlichen Institut – und das, obwohl sich die Aufsichtsgremien der BW-Bank bereits mit den auffallend günstigen Konditionen seines derzeitigen Kredits befassen?

Ein weiteres Detail ist noch brisanter: Nach Angaben der BW-Bank hat, bevor sich Wulff im Herbst 2009 an das Institut wandte zwecks Umwandlung seines Privatdarlehens, Egon Geerkens mit einen Kundenberater der Bank gesprochen. Also der Ehemann der Unternehmergattin, der doch laut Wulff mit dem ursprünglichen Kredit nichts zu tun hatte. Passt das mit der Darstellung des Präsidenten zusammen, an der er bis heute festhält, dass er als damaliger Ministerpräsident in Niedersachsen keine „geschäftlichen“ Verbindungen zu Egon Geerkens hatte? Wieso vermittelte der dann den neuen Kredit? Ein reiner Freundschaftsdienst? Hat Wulff keine anderen Berater, die das für ihn erledigen konnten…?

Fragen über Fragen, die nur einen Schluss zulassen: So schnell wird Wulff die Affäre nicht los.