Die BVG als WM-Trittbrettfahrer
„BVG – Unser Spielfeld heißt Berlin: Unsere Mannschaft steht bereit“ tickert auf den Anzeigegeräten in den Berliner U-Bahnhöfen durch, anstatt dass dort der übernächste Zug der unbeliebten Verkehrsbetriebe („Bummelzüge, Verspätungen, Grantiges_personal“) angekündigt wird.
Wieder einmal beweist die BVG ihre spandauartige Piefigkeit. Wer denkt sich solche Slogans bloß aus? Vermutlich derselbe, der die nahverkehrsfachbegriffverseuchten Beiträge der unguten Kundenpostille „BVGplus“ verzapft, an denen allerhöchstens Pufferknutscher ihre Freude haben.
Bevor jetzt alle Spandauer auf die Barrikaden gehen (direkt von den Spandau Arcaden wäre ein guter Platz dafür): Genau betrachtet bzw. analysiert, klingt der Spruch, mit dem die BVG kurz vor zu spät auf den WM-Zug aufspringen (haha, tolle Metapher!) will, eigentlich doch nicht so sehr nach Schrebergarten, Schultheiss und Schnauzbart. Nein, er hat für mich (zugegeben: absolut fußballunbegeisterten Nörgelbold) eher einen muffigen Beigeschmack in der Richtung Kasernenschlafsaal oder Männerumkleidekabine. Die DDR-Wehrsportgruppe GST lässt grüßen, oder Schlimmeres. „Allzeit bereit“ assoziiere ich, oder auch „Mein Arbeitsplatz – mein Kampfplatz für den Frieden“.
Und der Wahrheitsgehalt? Zwar wurde das Personal zu Sprach- und Höflichkeitsschulungen verdonnert, aber bei einem gestandenen BVG’ler bringt diese milde Form der Gehirnwäsche etwa genau so viel wie der Versuch, im 20°-Schonwaschgang Fahrradölflecken aus einer hellen Hose herauszubekommen. Und hinterher ist es dann meistens schlimmer als vorher. (Man stelle sich den Busfahrer vor, der dann auf Englisch hämisch grinst, wenn er einem spurtenden Mitfahrwilligen zuschaut und dann kurz vor dessen Zielerreichen die Türen schließt. Oder ins Mikrofon bellt: „I want your ticket see, bevore I drive not further. I have time!”)
Und dass zum Wohle der Fußballschlachtenbummler mehr Züge, Busse und Fähren fahren, sei dahingestellt. Trotz aller Elektronik muss ja immer noch vorne eine(r) drin sitzen, der Knöpfchen drückt, Kurbeln und Räder betätigt und Pedale drückt. Nun kann man zwar Bussfahrer mit „k.w.“-Vermerk zu Call-Center-Agents umpolen, aber eben nicht umgekehrt, und von massenhaften Neueinstellungen bei der BVG war in den Berliner Blättern nichts zu lesen.
Statt Sportlern mit halsbaumelnden Eintrittskarten wie zur Leichtathletik-WM werden diesmal also (alkohol-)fahnenschwenkende Fußballfans für Full House im Nahverkehr sorgen. Wobei das ja auch ein gutes hat, setzt man verstopfte U-Bahn-Eingänge mit Fußballtoren gleich, bei denen jeweils 10 Keeper zwischen den Pfosten stehen. Ein Eigentor ist dann so gut wie ausgeschlossen – wenngleich die BVG hier sicherlich auch noch den Gegenbeweis antreten wird.