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Schnauzbärtige Kettenraucher kucken!

 

Cineastische Bildungslücken können derzeit im Kino Blow Up gestopft werden: Das Off-Kino in der Immanuelkirchstraße holt die alten Filme des finnischen Regisseurs Aki Kaurismäki zurück auf die Leinwand. Noch bis zum 04.10. läuft „Schatten im Paradies“, danach jeweils für zwei Wochen: „Hamlet goes Business“, „Ariel“, „Leningrad Cowboys go America“, „I hired a contract killer“, „Das Mädchen aus der Streichholzfabrik“ und „Das Leben der Bohème“.

Die Hauptdarsteller in den meisten Filmen rauchen wie die Schlote, meist geht es darum, wie Leute mit miesen oder gar keinen Jobs, merkwürdigen Frisuren, hässlichen Wohnungen und ungesunden Trinkgewohnheiten erst einmal gar nicht und am Ende doch noch zueinander finden und sich ansonsten irgendwie durch ihr Leben lavieren. Und eines sind die Filme sicherlich nicht: dialoglastig. Im Gegenteil – die drei, vier Sätze lohnen das Synchronisieren nicht, so dass man sich an Finnisch mit Untertiteln erfreuen kann, wenn denn mal gesprochen wird. Meist schauen Kati Outinen (die Hauptdarstellerin in den meisten Filmen) und Matti Pellonpää (der besagte Bart- und Zigarettenträger) nur durch die verschmierten Scheiben von sonderbaren Autos, ausgesucht ungemütlichen Bars oder ausnahmsweise mal das jeweilige Gegenüber an, machen dabei aber nie viele Worte.

Kaurismäkis Finnland (oder im „Killer“: England) ist nicht besonders anheimelnd, meist düster, oft verregnet und morbide. Es geht nicht um das Portrait von Menschen am Rande der Gesellschaft – weil die Gesellschaft eigentlich sowieso nur aus Rand besteht, und die Leute mal weniger, mal stärker über dem Abgrund hängen, sich letztlich aber doch noch immer irgendwie wieder fangen. Und genau das ist auch der Grund, weshalb man zu Beginn der hässlichsten Berliner Jahreszeit unbedingt ins Blow Up gehen sollte und mit vielen, vielen leeren Kinosesseln um sich herum Kaurismäki kucken sollte.