Lesezeichen
‹ Alle Einträge

Warum ich in Bangkok keinen Wurst-Maxe aufmache

 

Es muss gebrochen werden, und zwar eine Lanze. Eine Lanze für mutige ausländische Gastronomen. Ich finde es ehrlich bewundernswert, dass Menschen, die außer der Frage „Mit Swibel?“ oder „Schaff odä Sesam Sose?“ oder „Möhte Si Bahmati Lei ohdä nohmáa Lei?“ keinen einzigen Satz Deutsch können, ausgerechnet einen ESSENLIEFERSERVICE aufmachen.

Gerne stehe ich bei meinem Stammthailänder in der Schöneberger Rheinstraße, dessen Saucen ausschließlich aus Kokosmilch, Glutamat, Pepperoncini, Kerosin, gentechnisch verändertem Zitronengras und Chilikonzentrat bestehen, und schaue ihm einfach bissl beim Kochen zu. Der Koch lässt parallel vier Woks durch die Luft wirbeln, gießt hier Kerosin nach, streut dort Glutamat rein, im nächsten Wok pupst siedendes Öl und in der Friteuse dämmert Krabbenbrot wellenschlagend der Knusprigkeit entgegen. Das dampft und duftet und macht Gemütlichkeit, sodass ich eigentlich immer gleich Cola bestellen möchte, um das frische Krabbenbrot hineinzutunken, denn wie herrlich muss das knistern!! [Ein Fetisch, mit dem ich wohl weltweit alleine da stehe.]

Gleichzeitig telefoniert der Koch und nimmt Bestellungen entgegen. Er versteht grundsätzlich kein Wort, kritzelt vage Vermutungen auf seinen Notizblock und kocht ansonsten um sein Leben. Irgendwann geht die Tür auf, der Fahrer kommt rein, ein drahtiger, 80 cm großer Thailänder mit zerfleddertem Stadtplan unterm Arm, er empfängt vom Koch eine Runde vokalreiches Kauderwelsch und eine dampfende Styroporschachtel mit eingesargten Speisen. Währenddessen pappt draußen eine blau bemützte Politesse Knöllchen an den Liefer-PKW. Tapfer schleppt der Lieferfahrer das Essen aus dem Laden und fädelt sich mit seinem kleinen Fiat Ford-CorsaPolo in den Berliner Feierabendverkehr ein.

Eine kleine liebe Frau steht da auch noch, die macht den ganzen Tag nur benutzte Woks sauber und kocht Reis bzw. „Lei“. Wie schaffen die das? Gewerbeanmeldung, Gesundheitspass, Umsatzsteuererklärung, u.v.m., daran scheitert doch schon ein Ortsansässiger!!

Also, andersrum, ich würde nicht unbedingt in Bangkok einen Wurst-Maxe aufmachen. Aber ich bin ja auch Weichei.