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Dass…

…die Wartezeiten an der Kasse bei einer Vielzahl der Berliner „PLUS“-Filialen unerträglich lang sind, das ist ja schlimm genug. Dass die Waren dort dermaßen erratisch sortiert sind, dass man ein simples Kilo Zucker nur nach viertelstündlichem Suchen findet, geschenkt. Dass man vergangenen Freitag Mittag in der Filiale am Breslauer Platz keine zweite Kasse eröffnete, obwohl 15 Leute in der Schlange standen, nun ja, es sei. Dass sich dann aber ein Mitarbeiter seitlich vordrängelt, um an der Kasse seine Pausen-Atzung (1 Liter Cola, Schachtel Marlboro, Snickers) per Personalrabatt zu bezahlen, das ist dann schon weniger schön. Dass er dann aber dabei noch ein T-Shirt in blau-orange trägt, auf dem geschrieben steht: „PLUS – wir werden Sie begeistern“ – das hat nun wirklich eine ganz eigene Rasanz.

 

Zum 100. Geburtstag des KaDeWe

Das große Kaufhaus mit dem doppelten Binnenmajuskel wird heute 100 Jahre alt. Da muss ich an meine erste Begegnung mit dem KaDeWe denken, sie war nicht schön. Ich war frisch und neu in Berlin und brauchte ein Spannbettuch mit dem Sondermaß 200×200 Zentimeter. Zu diesem Zweck taperte ich ins KaDeWe und verirrte mich sogleich, landete irgendwo in der Lampenabteilung. Dort entdeckte ich eine erstaunlich preisgünstige Schreibtischlampe und entschied mich sogleich sie zu kaufen. An der Kasse gab es eine kleine Schlange. Vor mir eine Frau, die hustete und hustete und hustete, es hörte sich nicht gut an. Das Husten ging so langsam in eine Art würgen über. Mit weit aufgerissenen Augen fragte die Frau nach der Toilette. Die Kassiererin entgegnete: „Ganz einfach, hier die Rolltreppe zur Lebensmittelabteilung, da sind die Toiletten“. Die Frau scherte aus der Schlange aus, betrat hustend und schon leicht aufstoßend die 15 Meter entfernte Rolltreppe – und landete sogleich in der damals dort aufgebauten Käseabteilung mit den knallharten Stinkekäsen. Das gab ihr den Rest, noch auf der Rolltreppe erbrach sie schwallweise. Ich bezahlte bleich meine Lampe, flüchtete und merkte erst zu Hause, dass ich vergessen hatte ein Spannbettuch zu kaufen. Ich schlief in der Nacht unbequem, aber gut beleuchtet.

 

Abräumen!!

Dieses Steglitz ist schon ein bisschen wundersam. Da gibt es das Forum Steglitz und das gigantische neue Einkaufszentrum am Rathaus Steglitz. Als wenn das nicht genug wäre, hat man jetzt auch noch neben das Forum Steglitz ein drittes Einkaufszentrum hingepappt, nämlich das Schloss-Straßen-Center. Und dieses Schloss-Straßen-Center hat unten so einen italienischen Eisdielen-Pizzeria-Kombi-Laden. Da gibt es sehr appetitlich aussehendes Eis und sehr sehr appetitlich aussehende Pizzen. Gestern aß ich eine der Pizzen, die da direkt von Pizzameter (ein Freund des Hexameters!) abgesäbelt werden und trank einen Espresso. Als ich vom Tisch aufstand und meinem Fahrrad zustrebte, bellte mich vom Verkaufstresen aus der Pizzabäcker an: „Eh! Tisch abräumen!“ Ich war so verdutzt, dass ich es tat. Als ich ihm den Teller über den Tresen reichte, meinte er: „Wir haben hier halt keine Bedienung“. Ja, das stimmt.

 

Die einen laufen, die anderen fahren

Während draußen vor der Haustür gerade den Rollstuhlfahrern gepfiffen und gejohlt wird, die mit bewundernswerter Armeskraft die Marathonstrecke abfahren, mache ich mich auf nach Hamburg. Wer anderen und mir beim Lesen zuhören möchte, der mache sich doch einfach zu 16 Uhr auf in die Baderanstalt und lausche dem Kaffee.Satz.Lesen. Sehen wir uns?

 

Einmal Mitleid für Gunnar Schupelius!

Gunnar Schupelius ist „Chefreporter“ der „BZ“. In ebenjener BZ laicht Schupelius werktäglich eine Kolumne namens „Mein Ärger“ ab, die die Seifigkeit eines Peter Hahne mit der Egozentrik von Franz-Josef Wagner vereint und zusätzlich mehrere Male durch den Anwalt-des-kleinen-Mannes-Fleischwolf gewürgt wird. Man muss solche Kolumnen ignorieren, aber heute gelingt es mir nicht. Heute ist die Kolumne so dermaßen besonders lächerlich, dass mir vor Lachen das Croissant im Hals stecken blieb. Auf rund 1400 Zeichen regt er sich darüber auf, dass die BVG eine Bushaltestelle verpflanzt und zwar vor seine Haustür. Wie schröcklich! Unter anderem heißt es in der Kolumne, die übrigens die biblische Unterzeile „Mein gerechter Zorn“ trägt:

Ich frage mich […], warum die BVG mich nicht darüber informiert hat, und drittens, weshalb ich kein Widerspruchsrecht habe. Die Wohnqualität in unserem Haus hat drastisch abgenommen.

Das wäre ja noch schöner, wenn die BVG jeden Anwohner um Rat fragen muss. Eine Bushaltestelle kann aus verkehrstechnischen Gründen halt mal umgesetzt werden. Wer es nicht ertragen kann, dass vor seinem Haus eine Bushaltestelle ist, der muss halt auf einen Bauernhof ziehen. Womöglich kann man dadurch sogar die Wohnqualität im betreffenden Haus wieder auf Normal-Null kriegen.

 

Popkomm, Schmopkomm

Mit dem deprimierenden Claim „Plug in to success“ ist also nun die Popkomm über Berlin hereingebrochen. Zum Glück dauert sie nur knapp drei Tage. Ich habe die eine oder andere Popkomm in Köln erlebt, und für mich gehörte die Popkomm immer nach Köln. Sie wuchs nahtlos in die Stadt hinein, hier waren Musiker, Sprücheklopper und kölschselige Rheinländer ohne Berührungsängste auf unnachahmliche Weise miteinander verwoben.

Ich frage mich, was soll eine Popkomm 2007 noch? Welchen Sinn macht eine Messe überhaupt noch? „Früher“, als es das Internet noch nicht gab, da brauchte man Messen. Da konnte man seine Produkte und Mitarbeiter vorstellen, auch mal dem Vertriebsleiter das Händchen schütteln. Heute kann man sich die Sachen im Internet anschauen oder -hören, und zwar genau dann, wann man dazu Lust hat. Man spart eine Menge Geld, Zeit und Nerven. Wer heute noch zu Messen fährt, ist in erster Linie Spesenritter mit dem dringenden Wunsch nach Abwechslung.

„Plug in to success“. Selten wurde unverhohlener im Wald gepfiffen. Die Branche pfeift, um bei der Metapher zu bleiben, aus dem letzten Loch. Konsumenten und Musiker finden einander online. Plattformen wie myspace versprechen Peer-to-Peer-Kontakt ohne störende Musikindustrie mit horrenden PR-Ausgaben. Was von der Popkomm bleibt, sind viele Konzerte in wenigen Tagen. Und lustige Menschen mit Daniel-Hechter-Anzug, Hornbrille und Turnschuhen. Na dann.

 

Einmal Kloster und zurück

Veronika Peters war zwölf Jahre im Kloster. Und ist danach wieder in ihr altes, bzw. ein neues Leben zurückgekehrt. Ihr Buch „Was in zwei Koffer passt“ habe ich verschlungen. Heute um 20.15 liest sie aus dem Buch, in Lehmanns Buchhandlung, Hardenbergstr. 5. Lohnt sich.

 

Ausgehtipp: Justus Köhnke im Berghain

Wer unglaublich tanzbare, minimalistische und euphorisierende elektronische Musik mag, der MUSS heute zur Geisterstunde in den Club Berghain. Dort legt Justus Köhncke auf – und entweder es bimmeln jetzt beim Leser freudige Alarmglocken oder es stellt sich ein „HÄ?“ ein. Bei wem letzteres geschieht, dem sei folgender Track mit einem hypnotischen Video empfohlen: TIMECODE.

 

Der funktionierende Erkältungstotmacher

Nun ist es also soweit. Die Menschen um einen herum schniefen und husten und sabbern graugesichtig. Wer den aufkeimenden Erkält‘ spürt, hat jetzt nur noch eine Chance: Ab ins „Cocos Thai“, mein liebstes Thai-Restaurant. Vom Interieur sollte man nicht allzuviel erwarten, es ist gepflegt, aber einfach. Jedoch die Küche: Seit mehr als fünf Jahren kocht hier ein unglaublich guter Koch ein Essen, das sehr nah an der traditionellen Thai-Küche ist. Ich empfehle als Vorspeise eine Tom Kha Ga, und dann ein rotes Hühnercurry, das man in der Abstufung „scharf“ odern sollte. Mit der Suppe geht es harmlos los, sie ist mildwürzig, lecker, aromatisch. Doch dann das Curry. Ein Löffelchen mit Reis und Curry in den Mund geschoben: hmmm. Dann, eine Sekunde später: Der Schärfe-Flash. Und dieser Flash kommt hier nicht aus dem Chilisaucenfläschchen, sondern hier röstet man manuell die feinen, scharfen Chilischoten in Öl und lässt diese Schärfe in die Kokosmilchcurrysauce diffundieren. Es ist eine Schärfe, die nicht von dieser Welt ist, nicht weil sie so extrem wäre, sondern weil sie so euphorisiert. Man nehme einen großen Schluck Kristallweizenbier, pappe sich die Papierserviette an die Stirn und staune, wie sie ob des plötzlichen Schweißausbruchs dort kleben bleibt.
Nach dem Essen ist man pumperlgsund.

Ungelogen: Ich gehe immer dort Essen, wenn ich mich kränklich fühle. Bisher habe ich damit jede aufkeimende Krankheit weggekriegt. Das erzählte ich am vergangenen Samstag dem Kellner. Er lachte und sagte, es gebe in der Umgegend eine andere junge Dame, die ihm just das selbe erzählte. Junge Dame – wer sind Sie? Wie dem auch sei: Sie haben Recht.

Ich liebe dieses Restaurant.

Cocos Thai
Hauptstr. 82
12159 Berlin
(030) 85075675
tgl. ab 18 Uhr