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Chinas Superreiche werden ein bisschen ärmer

 

Wer in China nach Rupert Hoogewerf fragt, erntet meist nur ein Achselzucken. Sein chinesischer Name Hurun ist vielen im Land sehr wohl ein Begriff. Noch bekannter ist sein jährlicher Bericht: die Hurun-Reichen-Liste. Am Montag hat der gebürtige Luxemburger in Shanghai die aktuelle Liste mit Chinas reichsten Menschen vorgestellt. Sein Fazit: Die Superreichen der Volksrepublik werden wieder ein bisschen ärmer.

Dass es überhaupt so viele Superreiche in China gibt, ist ein Phänomen. Denn viel Zeit hatten die Reichen des Landes nicht, reich zu werden. Noch im Jahre 2000 gab es lediglich einige Tausend Dollar-Millionäre in China. Heute sind es 1,4 Millionen. Nur in den USA gibt es mehr Superreiche.

Nun aber schwächelt Chinas Wirtschaft. Zugleich hat eine Reihe von strukturellen Maßnahmen dazu geführt, dass Chinas Superreiche im vergangenen Jahr an Vermögen eingebüßt haben.

Aus der Hurun-Liste geht hervor, dass immerhin mehr als die Hälfte der 1.000 reichsten Chinesen im vergangenen Jahr finanzielle Verluste erlitten hat. Das durchschnittliche Vermögen liegt „nur“ noch bei 860 Millionen Dollar – neun Prozent weniger als im Vorjahr. 37 der Superreichen haben sogar mehr als die Hälfte ihres Reichtums verloren. Insgesamt ist die Zahl der Dollar-Milliardäre in der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt um 20 auf 251 Personen gefallen.

Was der aktuellen Hurun-Liste ebenfalls zu entnehmen ist: Die Zahl der Milliardäre, die über den Immobilienhandel ihr Vermögen gemacht haben, ist deutlich gesunken. Stattdessen dominieren auf der Liste wieder Unternehmer, die in der Industrie reich geworden sind. Das zeigt auch, dass der Staat das Problem der wachsenden sozialen Ungleichheit erkannt hat und zumindest in einigen Bereichen gegensteuert. Vor allem gegen den aus dem Ruder laufenden Immobiliensektor ist die Führung in den vergangenen zwei Jahren vorgegangen und hat mit einer Reihe von Restriktionen den Superspekulanten einen Riegel vorgeschoben.

Dennoch besitzen auch die Industriemogule heute weniger als früher. Der Grund: Verluste auf dem chinesischen Aktienmarkt, aber auch Probleme in einzelnen Branchen wie etwa in der Solarindustrie, im Textilbereich und im Einzelhandel.

Verloren hat etwa der Gründer und Mehrheitseigner des chinesischen Baumaschinenherstellers Sany, Liang Wengen. Anfang des Jahres kaufte der auch das deutsche Traditionsunternehmen Putzmeister auf. Der Bau läuft auch in China nicht mehr rund, der Bedarf an Baumaschinen sinkt. Mit einem vermuteten Vermögen von rund 7,3 Milliarden Dollar rutschte Liang von Platz eins auf den fünften Platz.

Gewonnen hat hingegen der Chef des Getränkeherstellers Wahaha, Zong Qinghou. Sein Vermögen wird auf mehr als 12 Milliarden Dollar geschätzt. Der Unternehmer will jetzt auch global expandieren und sagt damit dem weltweiten Marktführer Coca Cola den Kampf an. Auf Platz 2 der Reichenliste steht Wang Jianlin, der mit seinem Unterhaltungskonzern Dalian Wanda und einem Vermögen von mehr als zehn Milliarden das Kinogeschäft in den USA aufrollt.

Übrigens: Trotz der ebenfalls rasant gewachsenen Mittelschicht in China – rund 300 Millionen verfügen inzwischen über einen Lebensstandard, der mit dem der Europäer vergleichbar ist – die Zahl der Superarmen bleibt in der Volksrepublik weiterhin gewaltig. 128 Millionen Leute haben einem Bericht der China Daily zufolge weniger als 2.300 Yuan im Jahr. Das entspricht ziemlich genau einem Dollar am Tag. Das ist weniger als die 1,25 Dollar, die die UN als Untergrenze definiert haben für den Betrag, den ein Mensch zum Überleben benötigt.

Das Einkommen dieser Menschen taucht nicht alljährlich in einer Liste auf.